10 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Januar 20.)
von Breslau, Dr. Kopp, unter dem 8. d. Mts. aus Breslau da-
tiertes, an seine Diözese gerichtetes Schreiben,
in welchem derselbe den ihm unterstehenden Klerus warnt, sich an
der im Februar in Posen stattfindenden polnischen Versammlung zu beteiligen,
da dieses weder im Interesse der Diözese, noch in dem Ober-Schlesiens
liegen würde.
20. Januar. (Die „Kreuz-Zeitung“" über „das monar-
chische Gefühl!") bringt die nachstehende Ausführung:
„Das monarchische Gefühl altpreußischer Patrioten muß sich durch
die Vorgänge der letzten Zeit tief verletzt fühlen. War schon die Wahr-
nehmung, daß nach der Waldersee-Versammlung fast alle deutschen Blätter
— nur die rechtskonservativen ausgenommen, keinen Anstand nahmen, im
Bunde mit der gesamten jüdisch-liberalen Presse des Auslandes der Welt
das traurige Beispiel verschämter Kritik und hämischer Verdächtigung von
Mitgliedern der Kaiserlichen Familie zu geben, ohne auch nur mit einem
Wort von den offiziellen Organen in ihre Schranken zurückverwiesen zu
werden, in hohem Grade betrübend; war die rücksichtslose Dreistigkeit, mit
der während der „Kanzlerkrisis“ ein Teil der deutschen Presse mit dem Ruf:
„Kein Weiber-Regiment!“ die intimsten Familien-Angelegenheiten unseres
Herrscherhauses einer giftigen Kritik Preis gab, geradezu unerhört; ist die
taktlose Hineinziehung der Person unseres jetzigen Kaiserlichen Herrn in den
Wahlkampf und den Parteistreit durch Graf Douglas, Konstantin Rößler
u. a. von allen wahrhaft monarchischen gesinnten Männern tief bedauert
worden; haben endlich die schamlosen Erörterungen der freisinnigen Presse
über die Personen der Kaiser Friedrich und Kaiser Wilhelm II. gelegentlich
der Veröffentlichung des Kronprinzlichen Tagebuches den tiefen Unwillen
jedes Patrioten erregt — so stehen die Preußen, denen die Devise gilt:
„Mit Gott für König und Vaterland!“ der Veröffentlichung der Anklage-
schrift mit den sie begleitenden Umständen traurig und beklommen gegenüber.
„Die höchsten deutschen Justizbehörden werden gegen den Verdacht
der Parteilichkeit verteidigt. Diese Berteidigung geschieht vor dem souveränen
Volk. Herr Gesscken wird antworten. Das souveräne Volk, durch seine
Organe, die Zeitungen als Repräsentanten der öffentlichen Meinung, wird
das Urteil sprechen.
„Der Grundsatz: Autorität nicht Majorität, das Fundament des
christlichen Staates, kommt ins Wanken. Auf diesem Boden aber ist Preußen
groß geworden, das Preußen, in dem Se. Majestät von Gottes Gnaden
König ist.“
Die „National-Zeitung“, welche findet, daß „in der „Neuen
Preuß. Zeitung“ die Deklaranten-Stimmung immer offener zum
Ausdruck kommt“, bemerkt zu dieser Kundgebung:
Der Grundsatz „Autorität, nicht Majorität“ macht sich sehr seltsam
in dem Blatte, welches das Hauptorgan der reaktionären Demagogie ist:
die Zeit, da Stahl sein Prophet war, ist lange vorüber; heute ist es Herr
Stöcker. Doch das nur nebenbei. Die Hauptsache an dem oben erwähnten
Pronunciamento ist, daß der Urheber der Veröffentlichung der Anklageschrift
gegen Gesscken, daß Fürst Bismarck in dem Organ der äußersten Rechten
beschuldigt wird, das monarchische Gefühl altpreußischer Patrioten tief zu
verletzen! Immer von neuem kommt, nach jedem furchtsamen Rückzug, der
innere Drang, dem Kanzler den Fehdehandschuh hinzuwerfen, zum Ausdruck.
Man bringt den in dieser Hinsicht bis an die äußerste Grenze vorgehenden