98 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Juni 11.—17.)
veröffentlicht zu sehen. Hätte nun der Konsul jemand benutzt, der wirklich
ihm die besten Nachrichten gegeben hat, Nachrichten aber, die der andern
fremden Regierung nicht wünschenswert wären, so würde uns in diesem Fall
nicht allein für die Zukunft die Quelle versiegen, sondern es könnte für die-
jenigen, denen wir die Nachrichten verdanken, zum Teil recht unangenehme
Folgen haben. (Sehr richtig! rechts.)
Also wir sind außer stande, dieses Material vorzulegen; damit er-
ledigt sich von unserm Standpunkt der Hauptteil dieses Antrags. Wir sind
nicht im stande, Zahlen vorzulegen, die irgend einen von Ihnen überzeugen
würden. Es ist ja überhaupt sehr schwer, Menschen zu überzeugen (Heiter-
keit und sehr richtig!), und im vorliegenden Falle würden wir nicht einmal
in der Lage sein, diejenigen, die einmal die uns entgegengesetzte Ansicht an-
genommen und vertreten haben, zu überreden; wir müssen darauf verzichten.
Wir haben den dringenden Wunsch, daß die heutige Debatte nicht
zu einer Erregung führe, die das einmal bestehende Uebel noch schlimmer
macht. Was an der Regierung liegt, ist geschehen, um da, wo wir die Ge-
legenheit dazu hatten, in diesem Sinne zu beruhigen; denn wir sind der
Ueberzeugung, daß jede weitere Erregung das Uebel, unter dem wir leiden,
nur schlimmer macht. Die Staatsregierung ist sich der Verantwortung, die
sie trägt, bewußt; sie wünscht aber auch, daß diejenigen, die nun öffentlich
über diese Dinge sprechen, deren Urteil in alle Welt geht, in gleicher Weise
sich dessen bewußt sein mögen, wie groß der Schaden sein kann, der durch
zu weit gehende Meinungsäußerungen geschehen kann. (Lebhaftes Bravo
rechts.)
« 12. Juni. (Abgeordnetenhaus.) Antrag Rickert u. Gen.
wird mit 223 gegen 20 Stimmen abgelehnt.
13. Juni. (Herrenhaus.) Die Landgemeindeordnung
wird in namentlicher Abstimmung in der vom Abgeordnetenhause
beschlossenen Fassung mit 99 gegen 38 Stimmen endgiltig ange-
nommen.
15. Juni. (Herrenhaus.) Die Sperrgeldervorlage wird
angenommen, nachdem Bischof Kopp gestellte Verbesserungsanträge
wieder zurückgezogen.
Gelegentlich der Debatte erklärt der Kultusminister Graf
Zedlitz:
„Es ist unberechtigt zu sagen, die jetzige Regierung sei bereit, die
Rechte des Staats irgend einer Partei, irgend einem Prinzip oder irgend
einem Menschen auszuantworten, und so lange ich die Ehre haben werde,
das Kultusressort zu vertreten, kann der Herr Vorredner ganz sicher sein,
daß das nicht erfolgen wird.“
16. Juni. Der Kaiser läßt dem Minister des Innern Herr-
furth, sowie dem Finanzminister Miquel sein Bild überreichen mit
einer gnädigen, die erfolgreichen Bemühungen um das Zustande-
kommen der großen Gesetze anerkennenden Kabinetsordre.
17. Juni. (Abgeordnetenhaus.) Das Mildschadengesetz
wird mit 175 gegen 97 Stimmen angenommen. Dafür stimmen
die Konservativen mit Ausnahme von Knoch, Lamprecht, v. Meyer-