Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (November 13.) 139
Diesen Beschluß der Generalsynode, welcher bereits früher ausge-
sprochene Wünsche wiederholt, haben wir nicht unterlassen, in erneute Er-
wägung zu ziehen.
Das hohe Interesse, welches die evangelische Landeskirche an einer
der kirchlichen Aufgabe der theologischen Fakultäten entsprechenden Besetzung
der theologischen Professuren und an sicheren Bürgschaften für dieselbe hat,
wird von uns in demselben Maße gewürdigt, wie von der Generalsynode.
Auch sind wir mit derselben darin einverstanden, daß es auf praktische, d. h.
zweckmäßige und erreichbare Wege ankommt, um dem Anspruch der Kirche
auf wirksame Geltendmachung ihrer berechtigten Interessen ausreichende
Sicherheit zu verschaffen.
Auch bei erneuter Erwägung müssen wir aber bei unserer bereits in
dem Schreiben vom 22. Juni 1881 an den Vorstand der Generalsynode
näher begründeten Ueberzeugung verharren, daß wir die Heranziehung des
Vorstandes der Generalsynode zu den gemäß der Allerhöchsten Ordre vom
5. Februar 1855 uns bei Anstellung der ordentlichen und außerordentlichen
Professoren der Theologie zustehenden Gutachten in Beziehung auf Bekennt-
nis und Lehre derselben für einen praktischen Weg nicht halten, da solche
Zuziehung das Gewicht unseres Gutachtens nicht verstärken, hingegen zu
mißlichen Hemmungen des Geschäftsganges führen würde. Was die evan-
gelische Landeskirche wirklich zur Wahrung ihrer Interessen bei Auswahl
der Lehrer der künftigen Geistlichen bedarf, muß, weil es hier auf Erledi-
gung zart zu behandelnder Personalfragen ankommt, innerhalb des in ver-
traulichem Gedankenaustausch sich vollziehenden geschäftlichen Verkehrs zwi-
schen den beteiligten Behörden erreicht werden. Die Unterrichtsverwaltung
muß in Rücksicht auf die Bestimmung der theologischen Fakultäten darauf
Wert legen, bei der Auswahl der für theologische Lehrstühle geeigneten Per-
sönlichkeiten zu ihrer eigenen Information sich rechtzeitig und vertrauensvoll
mit den kirchlichen Instanzen in Verbindung zu setzen. Daß in dieser Hin-
sicht der bisherige Geschäftsgang nicht allen berechtigten Wünschen entsprach,
haben wir uns nicht verhehlt. Bereits im Jahre 1881 haben wir unfere
bezüglichen Wünsche dem Herrn Minister der geistlichen Angelegenheiten zu
erkennen gegeben, und der Beschluß der zweiten ordentlichen Generalsynode
hat uns veranlaßt, in ausführlicher Begründung darauf zurückzukommen.
Durch eine Regelung formeller Art kann nichts wirksames erreicht werden.
Der Herr Minister hat uns aber neuerdings versichert, er werde es im In-
teresse der Sache mit besonderem Dank begrüßen, wenn wir von dem uns
in der Allerhöchsten Ordre verliehenen Aeußerungsrecht einen den Aller-
höchsten Intentionen entsprechenden umfassenden Gebrauch machen und auf
diese Weise der Lösung der so überaus wichtigen theologischen Besetzungs-
frage unsere Teilnahme in verstärktem Maße zuwenden werden.
Nach unserer auf Erfahrung beruhenden Ueberzeugung, daß die wirk-
same Geltendmachung der kirchlichen Interessen hier nur im vertraulichen
Verkehr der Zentralehörde mit dem Herrn Minister von Erfolg sein kann,
haben wir davon absehen müssen, mit dem Vorstand der Generalsynode über
die Ermittelung praktischer Wege zur Sicherung eines wirksamen Einflusses
der Kirche auf die Besetzung der theologischen Professuren in Verbindung
zu treten.
Wir glauben vielmehr das Vertrauen der Generalsynode in Anspruch
nehmen zu dürfen, daß wir bei Erstattung der uns obliegenden Gutachten
der uns damit übertragenen Verantwortlichkeit, für die kirchliche Qualifi-
kation der für theologische Professuren in Aussicht genommenen Persönlich-
keiten gewissenhaft und nachdrücklich einzutreten, auch ferner eingedenk bleiben
werden.