196 Bie Gesterreichisg-Augarische Monertzie. Juni 23.—24.)
Er bezeichnet den Panslavismus als eine Unmöglichkeit und ein von
den Deutschen geschaffenes Phantom zur Bekämpfung der Slaven.
23. Juni. Der Kaiser wird in Fiume von dem englischen
Geschwader begrüßt.
24. Juni. Die Verstaatlichung der ungarischen Staats-
bahn wird vom ungarischen Abgeordnetenhause mit großer Ma-
jorität angenommen.
24. Juni. (Wien: Abgeordnetenhaus.) In der Einzel-
beratung über das Budget befürwortet der Jungtscheche Vasaty
die Anlehnung an Rußland und spricht sich gegen die Erneuerung
des Dreibunds aus. Am Balkan habe Oesterreich keine politischen
Interessen. (Allgemeiner Widerspruch.) Lueger zieht sich durch
leidenschaftliche Angriffe auf Ungarn und die dualistische Grundlage
der Monarchie einen Ordnungsruf zu. Lueger beantragt schließlich
eine Resolution, die Regierung aufzufordern, die österreichischen
Interessen gegen das Vordrängen Ungarns zu schützen. Der Mi-
nisterpräsident Graf Taaffe erklärt, die diplomatischen An-
sichten Vasatys seien wohl nur persönliche Anschauungen; er würde
nicht geantwortet haben, wenn nicht Lueger die staatsrechtliche Grund-
lage der Monarchie und die befreundete ungarische Regierung an-
gegriffen hätte. Die österreichische wie die ungarische Regierung
dienen einem Kaiser und König. (Beifall.) Die Austragung ge-
legentlicher Interessendifferenzen erfolgte stets in beiderseits befrie-
digender Weise. Aus der Rede Luegers sei er (Taaffe) einzig mit
dem Satze einverstanden, daß Oesterreich gerüstet sein müsse, um
als Bundesgenosse geschätzt, als Gegner gefürchtet zu werden. (Leb-
hafter Beifall.) Sueß verteidigt das Bündnis mit Deutschland
und Italien und dankt dem italienischen Ministerpräsidenten di
Rudini für dessen schöne Worte über Andreas Hofer. Oesterreich
biete Italien gern und loyal die Hand. (Lebhafter Beifall und
Händeklatschen.) Der Jungtscheche Tilscher erklärte, Vasaty habe
ausschließlich in seinem eigenen Namen gesprochen; die Anschauungen
der Partei habe der Abg. Herold dargelegt. Demel protestiert
gegen die Zuweisung der dem Dualismus feindlichen Resolution
Luegers an den Budgetausschuß und verlangt Uebergang zur Tages-
ordnung. Lueger erhebt hiergegen leidenschaftlichen Widerspruch,
spricht von parlamentarischem Standrecht und droht mit dem Stand-
recht der Wähler. Bei der Abstimmung wird die Resolution
Lueger mit allen gegen 6 Stimmen abgelehnt.