208 Bie Gesterreichisch-Auzarische Monarchie. (November 14.)
namens der Katholisch-Konservativen sein Einverständnis mit den
Ausführungen Shulklje's.
14. November. Der Ausschuß der ungarischen Delegation
für auswärtige Angelegenheiten tritt zusammen unter dem
Vorsitz Ludwig Tiszas. Graf Kalnoky gibt folgendes Exposé:
Der Minister konstatierte vor allem gegenüber jener verschiedenen Auf-
fassung, welche die Ansprache des Kaisers an die Delegationen mehrfach ge-
funden hat, daß die gegenwärtige Lage der Monarchie, so weit es sich um
die Friedensaussichten handle, als eine günstige bezeichnet werden könne. Es
sei ihm keine einzige politische Frage bekannt, welche zu einer direkten Be-
fürchtung Anlaß geben könnte, daß die lange Friedensepoche, welche uns
bisher beschieden war, jetzt eine Unterbrechung erfahren könne. Unsere Be-
ziehungen zu allen Mächten seien durchaus freundlicher Natur. Die Ver-
sicherungen, welche uns diesfalls zukommen, konstatieren nicht nur im allge-
meinen die friedlichen Bestrebungen, sondern es liegen authentische und maß-
gebende Zusicherungen vor, daß auf keiner Seite die Absicht irgend einer
Aggression gegen einen Nachbar bestehe. Es sei also derzeit eine Befürchtung
weder für den europäischen Frieden im allgemeinen, noch für unsere Monarchie
im besonderen vorhanden. Mit dieser Sachlage stehe es allerdings im Wider-
spruche, daß die Besorgtheit um die Erhaltung des Friedens nicht aufhören
will und daß die diesfällige kaum gefaßte Zuversicht immer wieder erschüttert
erscheint. Die Hauptursache dieses Zustandes sei darin zu suchen, daß die
militärischen Vorbereitungen und Rüstungen bei allen Staaten ungeschwächt
fortdauern und nachgerade einen Grad erreichen, welcher die Gefahr ein-
schließt, daß durch die gesteigerte Leichtigkeit des Krieges auch die Eventua-
lität eines solches nähergerückt werden könnte. Daß in unfrer Monarchie
der Wunsch nach Erhaltung des Friedens ein allgemeiner ist, kann von keiner
Seite in Abrede gestellt werden. Allein der gleiche Wunsch ist überall vor-
handen, und dies berechtigt denn doch zur Hoffung. daß wir mit der Zeit
aus dem gegenwärtigen widerspruchsvollen Zustande herauskommen werden.
Wir können auf die Erfahrung hinweisen, daß unsre zum Zwecke der Er-
haltung des Friedens geschlossenen rein defensiven Bündnisse nun schon seit
Jahren bestehen und sich als ihren Zwecken und Zielen entsprechend erwiesen
haben, und man darf hieraus wohl folgern, daß der Zusammenschluß der
Reutralstaaten beitragen wird, den Frieden auch für die Zukunft zu er-
alten.
Was die Fragen des Referenten bezüglich der Erneuerung des Drei-
bundes betrifft, so sei das Bündnis mit Italien in der That auf eine Reihe
von Jahren verlängert worden. Warum man den Ablauf des Vertrages
nicht abgewartet habe, das bedürfe wohl kaum einer besonderen Motivierung.
Selbst bei Handelsverträgen pflegt man sich möglichst früh vor Ablauf der
Fortdauer derselben zu versichern, und es ist dies um so eher notwendig,
wenn es sich um so wichtige Verträge handelt, wie sie hier in Rede stehen.
Es hat sich erwiesen, daß sämmtliche Mitglieder des Dreibundes einmütig
in der Erkenntnis waren, daß die zwischen ihnen bestehenden Bündnisse sich
bewährt haben, daß deren Fortdauer für alle Teile und im Interesse des
europäischen Friedens wünschenswert erscheine und daß die Erneuerung auch
vor dem Ablaufe stattfinden solle. Es habe also der speziellen Initiative
von einer oder der anderen Seite überhaupt nicht bedurft. Des weiteren
glaubt der Minister sagen zu können, daß zur Zeit, als die drei Mächte in
das in Rede stehende Bundesverhältnis traten, alle Umstände so reiflich er-
wogen wurden, daß keine wesentliche Aenderung bei der Erneuerung not-