Stalien. (November 7.—9.)
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7. November. (Rom.) Unter dem Vorsitze Menotti Gari-
baldis findet eine Versammlung des Generalrates der Vete-
ranen statt, welcher beschließt, zur Organisation einer Agitation
für die Abschaffung der Garantiegesetze und des ersten Artikels der
Verfassung aufzufordern.
9. November. (Mailand.) Der Ministerpräsident Ru-
dini hält eine Bankettrede.
In Bezug auf die auswärtige Politik sagt der Minister, daß Dank
dem starken Heere, der mächtigen Flotte und der treuen Unterstützung der
Bundesgenossen Italien gegen jeden Anschlag geschützt sei. Durch die Er-
neuerung der Bündnisse mit Oesterreich-Ungarn und Deutschland sei der
Zustand neu befestigt worden, der Italien in die Lage setze, jene Politik
ernster Sammlung zu befolgen, welche den Kriegsausgaben ein Ziel zu
setzen, dieselben sogar zu beschränken gestatte und dadurch auch die wirt-
schaftliche und finanzielle Unabhängigkeit dauernd festigen werde. Auf seinem
guten Rechte fußend, wolle Italien, fern von falschem Ehrgeize, kein anderes
Ziel anstreben als die Erhaltung des status quo im Mittelmeere. Italien
sei ein festes Element des Friedens. Englands Stimmung komme in dem
herzlichen Empfange, der dem Prinzen von Neapel in London bereitet worden,
zu beredtem Ausdrucke. Der Besuch des Ministers von Giers in Monza
habe die öffentliche Meinung mit dem Gefühle friedlicher Sicherheit erfüllt.
Die Beziehungen mit Frankreich seien von gewissen Schatten getrübt, welche
alle italienischen Regierungen zu bannen bemüht gewesen seien. Diese
Schatten würden jedoch schwinden. Die Hoffnung, daß dieses gelingen
werde, sei seit den Ehrungen, welche in Nizza dem italienischen Volkshelden
Garibaldi erwiesen wurden, bedeutend gestiegen. Das Echo jener Feste sei
wie ein Klang von neuer Freundschaft und Herzlichkeit herübergedrungen
und thue dem Herzen Italiens besonders wohl. Die wichtigsten Reformen,
welche der Minister ankündigt, sind die Unfallversicherung, die Altersversor-
gung, die Vereinigung mehrerer Provinzen derselben Region zu einem poli-
tischen Kreise unter einem Statthalter.
Ueber die kirchliche Politik sagte er:
„Für die große Mehrzahl der Italiener ist die Liebe zu unseren
staatlichen Einrichtungen ein gemeinsames Erbteil. Die Regierung weiß,
daß sie diese Mehrheit gegen jede Beschimpfung zu schützen hat, und sie
wird ihrer Aufgabe gerecht werden. Wir haben in unserem Hause das
Papsttum, das manchmal eine drohende Stellung einnimmt. Wir werden
es indessen in den Grenzen seiner geistlichen Macht zu halten wissen, und
zwar nicht nur kraft der Gesetze, die auch das Papsttum nicht ungestraft
beleidigen darf, sondern unter der fast einmütigen Zustimmung derer, die
noch glauben und beten. Die hergebrachte kirchliche Politik unseres Landes,
Italiens Ehre und Stärke, wird von uns gewissenhaft beibehalten werden.
Bedauernswerte Zwischenfäll, die von einem Geistigarmen hervorgerufen worden
sind, werden uns von diesem Beschlusse nicht abbringen. Reden wir wegen
einer solchen Kleinigkeit nicht von einer Aenderung der Verfassung! Rühren
wir nicht an das durch die Verfassung anerkannte und unabänderliche
Garantiegesetz, das eine lange Erfahrung als zeitgemäß und nützlich erwiesen
hat. Italien wird Sorge tragen, daß Gewissensfreiheit und religiöse Dul-
dung, die in unserem Lande so glorreiche Bekenner gehabt haben, geachtet
werden. Die Pilger aller Weltteile können unbesorgt nach Rom kommen