Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Siebenter Jahrgang. 1891. (32)

280 Türkei. (August 22.—September Ende.) 
22. August. Das zur russischen Freiwilligenflotte gehörende 
Schiff „Kostroma“ wird auf der Rückfahrt nach Rußland einige 
Stunden in den Dardanellen festgehalten. 
3. September. (Konstantinopel.) Der Großvezier Kia- 
mil-Pascha wird seines Amtes enthoben. An seiner Stelle wird 
der bisherige Gouverneur von Kreta Djevad-Pascha zum Großvezier 
ernannt. 
Der Militär-Kommandant des Mildis-Kiosk, Riza-Pascha, 
wird zum Kriegsminister ernannt. 
Mitte September. Auf der türkischen Insel Sigri bei My- 
tilene landen englische Soldaten. Es wird nachher festgestellt, daß 
es sich nur um Manöver-Uebungen gehandelt habe. 
19. September. Eine türkische Zirkularnote teilt den Groß- 
mächten das Abkommen mit Rußland in der Dardanellenfrage 
mit. Sie lautet: 
„Es ist Ihnen bekannt, daß die Paketboote der Freiwilligen Flotte 
einen Dienst zwischen Odessa und den russischen Besitzungen im äußersten 
Osten besorgen. Die Schiffe, welche die Handeleflagge tragen, genießen 
freie Durchfahrt durch den Bosporus und die Dardanellen; da sie aber mit- 
unter zum Transporte von Soldaten und Sträflingen verwendet wurden, 
geschah es, daß sie irrigerweise am Eingange der Dardanellen aufgehalten 
wurden. Um der Wiederholung ähnlicher Mißverständnisse vorzubeugen, 
mußte die Pforte die Kommandanten des Bosporus und der Dardanellen 
mit genauen Instruktionen versehen. Es sind dies die Instruktionen, von 
welchen der russischen Botschaft Mitteilung gemacht wurde, und welche 
Aeußerungen der ausländischen Presse über eine angebliche Verletzung der 
Verträge hervorgerufen haben. Nach dem Wortlaute der erteilten Befehle 
werden die Schiffe der Freiwilligen Flotte, welche die Handelsflagge tragen, 
in gleicher Weise wie andere Handelsfahrzeuge die Dardanellen frei passieren. 
Wenn sie Deportierte oder Soldaten an Bord haben werden, wird ihre 
Durchfahrt nach einer von der russischen Botschaft erstatteten Anzeige durch 
kaiserliche Irade gestattet werden. Was dagegen die Paketboote betrifft, 
die aus dem äußersten Osten mit dienstentlassenen Soldaten kommen, wird 
die Behörde der Dardanellen sie passieren lassen und die hohe Pforte davon 
in Kenntnis setzen. Sie sehen, daß hier nichts Neues vorliegt, und daß es 
das alte System ist, welches man fortfahren wird anzuwenden. Wir haben 
nichts anderes gethan, als daß wir dasselbe unsern Behörden förmlicher er- 
klärten und dies, ich wiederhole es, zu dem Zwecke, um für die Zukunft 
jedes Mißverständnis zu verhindern. Ich habe es für geboten erachtet, 
Sie über den wahren Stand der Dinge zu unterrichten, damit Sie in Ihrer 
Umgebung keinerlei Zweifel in dieser Hinsicht bestehen lassen. Genehmigen 
Sie u. s. w. Said.“ 
Ende Sept. Ein Irade des Sultans gegen das Räuber- 
wesen hat nach einer der „N. Fr. Pr.“ aus Salonichi zugehenden 
Mitteilung nachstehenden Wortlaut: 
§ 1. Die im Besitze der Privatpersonen befindlichen Militärgewehre 
sind mit Beschlag zu belegen. § 2. Zu Polizeiagenten in den Provinzen
	        
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