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Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. Mai 1.—2.) 771.
ganzen 16,053 Stimmen abgegeben, davon erhält Fürst Bismarck
10,549 Stimmen, Zigarrenmacher Schmalfeld 5504 Stimmen.
1. Mai. (Berlin.) Eröffnung der internationalen Kunst-
ausstellung durch den Kaiser und die Kaiserin Friedrich.
Anf. Mai. Ueber die in Deutschland erschienene Broschüre
„Der Untergang Oesterreichs“ schreibt die „Politische Korrespondenz“:
Aus den Aeußerungen der gesamten deutschen Presse über die Bro-
schüre „Der Untergang Oesterreichs“ wird man in Oesterreich-Ungarn ent-
nommen haben, daß diese Schrift bei uns überwiegend als ein lächerliches
Machwerk angesehen wird. Ohne die heftigen Aeußerungen der österreichi-
schen und der ungarischen Presse hätte dasselbe in Deutschland gar keine
Beachtung gefunden.
2. Mai. Fürst Bismarck empfängt eine Deputation aus
seinem Wahlkreise und hält eine Ansprache ungefähr folgenden
Inhalts:
„Die Ehre, welche Sie mir durch Ihre Wahl erwiesen haben, schätze
ich doppelt hoch, nicht allein als Ihr deutscher Landsmann, sondern auch
als Ihr plattdeutscher Nachbar; ich bin im plattdeutschen Lande geboren
und erzogen, und freue mich, durch die stattgehabte Wahl einen Beweis des
Vertrauens meiner engeren Landsleute zu erfahren.
Ich bin im 77. Jahre und nicht mehr rüstig genug, um der Auf-
gabe als Reichstagsabgeordneter so zu entsprechen, wie ich glaube, daß sie
erfüllt werden sollte. Das ist der Grund, der mich abgehalten hat und
abhalten wird, mich um ein Mandat zu bewerben, so schwer es mir auch
wird, auf jede Beteiligung an Geschäften, denen 40 Jahre lang meine
Thätigkeit gehörte, gänzlich zu verzichten. Als Kandidat zur Wahl konnte ich
mithin nicht auftreten, da ich nicht in der Lage bin, mein Mandat regel-
recht auszuüben.
Deshalb habe ich in meiner ersten Antwort erklärt, daß ich zur Zeit
außer stande sei, Pflichten zu übernehmen, mit deren Ausübung der Auf-
enthalt in Berlin verbunden wäre: einmal wegen meiner Gesundheit. Das
Gasthofleben ist meinem Befinden weniger zuträglich, als das Wohnen im
eigenen Hause; ich hatte mir lange gewünscht, einmal ein Zimmer zu be-
wohnen, das ich nur im Sarge zu verlassen genötigt sein würde. Eine
kündbare Ministerwohnung bietet diese Sicherheit nicht. Ich habe kein
Mandat gesucht, bin aber stets der Meinung gewesen, daß ich mich der
Aufgabe, meinem Vaterlande zu dienen, nicht entziehen dürfe, wenn der Ruf
dazu ohne mein Zuthun von kompetenter Seite an mich herantritt.
Ich habe mich nie in die Politik eingedrängt. Meinem Privatleben
als Landwirt, Deichhauptmann und im Provinziallandtage bin ich vom
König Friedrich Wilhelm IV. entzogen worden, indem der hohe Herr mich
zu einem wichtigen Gesandtschaftsposten unerwartet berief. Demnächst bin
ich vom König Wilhelm in einer sehr schwierigen Lage der Krone und ihrer
Regierung an die Spitze des Ministeriums berufen worden, um 1862 sehr
angenehme amtliche Verhältnisse mit der dornenvollen Stellung eines Konflikte-
ministers zu vertauschen. Ich bin solchen ungesuchten Berufungen gegenüber,
wenn sie von berechtigter Stelle ausgehen, zwar nicht Fatalist in dem Maße,
wie ein Türke mit seinem Kismet, aber ich hätte eine Gewissensunruhe,
wenn ich mich lediglich aus Ruhebedürfnis dem Rufe entzöge, den Sie an
mich richten; ich halte mich nicht für berechtigt, dem Vaterlande den Dienst