Das Dentsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Juli 31.— Aug. Anf.) 129
Verehrung und Anhänglichkeit hat, daß er einen kaiserlichen Rat mit den
Worten bedrohte: Trügest du nicht das Ebenbild des Kaisers, das ich auch
in dem Konterfei verehre! Dieser Ritter trug kein Bedenken, als ihn der
Hauptmann zur Uebergabe aufforderte, diesem eine scharfe Kritik aus dem
Fenster entgegenzurufen. (Große Heiterkeit.) Es zeigt das klar, daß Götz
von Berlichingen und Goethe beide Sachen nicht zusammengeworfen und
identifiziert haben. Man kann ein treuer Anhänger seiner Dynastie, des
Königs und des Kaisers sein, ohne von der Weisheit der Maßregeln seiner
Kommissare — wie es im Götz heißt — überzeugt zu sein. Ich bin letzteres
nicht und werde diese meine Ueberzeugung auch nicht zurückhalten.“ (Stür-
mischer Beifall und begeisterte Hochrufe auf den Fürsteu.)
31. Juli. Von Jena aus begibt sich der Fürst nach Schön-
hausen. Die Bahnhöfe in Halle und Magdeburg find gesperrt, aber
von großen Menschenmengen umlagert.
Juli. Der deutsche Botschafter in Madrid, v. Stumm,
nimmt den Abschied; an seine Stelle tritt der Botschafter in Kon-
stantinopel v. Radowitz, der durch den Fürsten Nadolin ersetzt wird.
30. Juli—9. August. Der Kaiser und der Prinz Heinrich
reisen über Helgoland nach England, um einer Segelregatta bei
Cowes beizuwohnen.
2. August. Der Kaiser beteiligt sich persönlich an dem Wett-
segeln um den Pokal der Königin.
Anf. August. Der lothringische Pfarrer Jacot schreibt
in einer Schrift „Protestataires“:
„Protestler: Nun so protestiert gegen die reichen Kriegsentschädi-
gungsgelder, die wir 1871 erhalten haben, und die für uns so viel wert
waren, wie drei gute Jahre. Arbeiter Elsaß-Lothringens, protestiert gegen
die öffentlichen Arbeiten an den Forts und den neuen Kasernen, die euch
beinahe ununterbrochene Arbeit verschaffen! Protestiert gegen die Kranken-,
Unfall= und Altersversicherungsgesetze, die der Anregung eines gottesfürch-
tigen Fürsten ihr Dasein verdanken, eines Fürsten, der sein Volk liebte und
nur darin sein Glück sah, daß er die materielle Wohlfahrt seiner Unter-
thanen sicherte und für ihre Zukunft sorgte, gleich der sichtbaren Vorsehung
auf Erden! Ihr Weinbauern, protestiert gegen die außerordentliche Steige-
rung der Preise für eure Weine, die euch früher nur 8 bis 10 Franken
eintrugen, während euch heute die Hotte 15, 20, 25 ja bis zu 30 Franken
einbringt. Katholiken Lothringens, protestiert gegen die Achtung, deren sich
hier die Religion erfreut, während sie anderwärts verspottet wird! Christ-
liche Eltern, protestiert gegen den Religionsunterricht, den man euern Kin-
dern in den Schulen gibt, während anderswo unselige Gesetze den Religions-
unterricht aus den Schulen verbannen! Elsaß-Lothringische Pfarrer, pro-
testiert gegen die Gehaltsaufbesserung, die euch die Regierung hat zu teil
werden lassen, während anderwärts die willkürliche Laune eines Unterprä-
sekten das magere Einkommen des Pfarrverwalters beschneidet. Protestiert
dagegen, daß dank dem Wohlwollen des kaiserlichen Statthalters die Kapu-
ziner wieder ins Elsaß, die Franziskaner nach Lothringen zurückgekehrt sind,
die uns beim Gottesdienst, den Missionen und Oktaven so schätzenswerte
Hilfe leisten. Ihr Pfarrer von Elsaß-Lothringen, protestiert gegen die
Wiederherstellung der Metzer Kathedrale und so vieler andern Kirchen, für
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