140 Jas Beuische Reich und seine einzelnen Glieder. (Okt. Ende.)
nisjahre der Geburts des Reformators D. Martin Luther die Erneuerung
der Schloßkirche in Wittenberg zu befehlen geruhet und Meines in Gott
ruhenden Herrn Vaters, des Kaisers und Königs, Friedrich III. Majestät
diesem hehren Werke Allerhöchst Ihre lebhafte Teilnahme und Fürsorge zu-
zuwenden die Gnade gehabt haben, ist es Mir, dem Deutschen Kaiser und
Könige von Preußen, Wilhelm II. durch Gottes Barmherzigkeit beschieden,
das von Meinen ruhmreichen Vorfahren begonnene Werk zu glücklichem Ende
zu führen und heute, an dem Gedächtnistage des Anschlags der 95 Thesen
an die Thüre der Schloßkirche, die Wiedereinweihung dieses Heiligtums der
evangelischen Kirche zu vollziehen.
Mit Mir haben die Mir verbündeten evangelischen Fürsten Deutsch-
lands und die Vertreter der freien und Hansestädte Lübeck, Bremen und
Hamburg, welche neben Mir diese Urkunde mit eigenhändiger Namensunter-
schrift vollziehen, sowie zahlreiche Vertreter der evangelisch-kirchlichen und
Staatsbehörden, des Adels, der evangelischen Geistlichkeit und aller Stände
des evangelischen Volkes der feierlichen Handlung beigewohnt.
In evangelischer Glaubensgemeinschaft haben Wir den Allmächtigen,
gnadenreichen Gott in heißem Gebete angerufen, Unserem evangelischen Volke
die Segnungen der Reformation zu bewahren, Gottesfurcht, Nächstenliebe
und Unterthanentreue in Unseren Landen zu mehren, Unser deutsches Vater-
land in Seiner gnädigen Obhut zu behalten, redliches Streben und Schaffen
in allen Berufszweigen mit Seinem Segen zu krönen, Uns und allen Unseren
Mitchristen durch Jesum Christum ein seliges Ende in der Gewißheit einer
fröhlichen Auferstehung zu bescheren.
Wie Wir zu dem die gesamte Christenheit verbindenden Glauben an
Jesum Christum, den Mensch gewordenen Gottessohn, den Gekreuzigten und
Auferstandenen, Uns von Herzen bekennen, und wie Wir zu Gott hoffen,
allein durch diesen Glauben gerecht und selig zu werden, also erwarten Wir
auch von allen Dienern der evangelischen Kirche, daß sie allezeit beflissen
sein werden, nach der Richtschnur des Wortes Gottes in dem Sinne und
Geiste des durch die Reformation wiedergewonnenen reinen Christenglaubens
ihres Amtes zu warten, das Volk zu Gottesfurcht und Unterthanentreue, zu
herzlicher Liebe und Erbarmung gegen alle Mitmenschen, auch gegen die
Andersgläubigen, anzuleiten.
Unseren evangelischen Unterthanen vertrauen Wir, daß sie treu fest-
halten an dem durch das gesegnete Werk der Reformation erneuerten reinen
Christenglauben, daß sie durch Uebung christlicher Liebe, Duldung und
Barmherzigkeit gegen die Mitbrüder als wahre Jünger und Nachfolger des
Herrn und Heilandes sich erweisen, daß sie mit Uns alle ihre Hoffnung
setzen auf die allein seligmachende Gnade Unseres Herrn Jesu Christi, hoch-
gelobet in Ewigkeit!
Das walte Gott! Amens!
Ende Oktober. Der Redaktenr der „Zukunft“, Maximilian
Harden, veröffentlicht Mitteilungen über eine Unterredung mit dem
Fürsten Bismarck.
Der Fürst erklärt über sein Erscheinen im Reichstage:
„Ich werde nur dann im Parlament erscheinen, wenn es unumgäng-
lich notwendig ist. Berlin ist Garnisonstadt, und ich müßte als einziger
in des Königs Rock nach Pflicht und Gewissen Seiner Majestät Regierung
Opposition machen. Das ist eine fatale Rolle für mich, und ich habe eine
Scheu davor, wie früher, als ich noch in offenem Wasser badete, wenn ich
auf dem Sprungbrett stand. Auch würde die Presse ja doch alles entstellen,