12 Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Januar 16. 17./18.
wobei er hervorhebt, man müsse bei der Korrektion nicht allein auf den
Uferschutz Wert legen, sondern auch die Interessen der Flösserei und Schiff-
fahrt und, soweit es gehe, auch die Interessen der Fischerei im Auge be-
halten. Außerdem befürwortet er lebhaft die Fortführung des Main-
Kanals von Frankfurt a. M. bis Aschaffenburg und führt aus, diese liege
ebenso wie die Rheinregulirung oberhalb Straßburgs im allgemeinen Reichs-
interesse, und er wisse, daß die höchste Stelle im Reiche für die Kanalisation
und für die Förderung der ganzen Donauwasserstraße sei. Er wünsche,
daß aber auch die preußische Regierung der bayerischen Regierung in dieser
Frage gerade so entgegenkomme, wie die bayerische Regierung es bezüglich
der Oberrheinregulierung that. — Die Reichsratskammer erledigt nach
längerer Debatte die Bodenzins-Vorlage, wobei der Amortisationsfonds
von 5 auf 8 Millionen erhöht wurde. Ferner wird der Gesetzentwurf
über die Vermehrung der Betriebsmittel der bayerischen Landwirtschaftsbank
angenommen.
16. Januar. (Gelsenkirchen.) Die Generalversammlung
des Gewerkvereins christlicher Bergarbeiter spricht sich für Erhöh-
ung der Löhne und Erweiterung der Kompetenz der Berggewerbe-
gerichte aus.
17./18. Januar. (Reichstag.) Etat des Reichsamts des
Innern. Gewerbeordnung, Koalitionsfreiheit, Schutz von Arbeits-
willigen.
Auf eine Anfrage des Abg. Hitze (Z.) erklärt der Staatssekretär des
Innern Graf v. Posadowsky-Wehner, daß eine Ergänzung der Nach-
weisungen derjenigen Verordnungen, welche auf Grund des § 120e der
Gewerbeordnung erlassen sind, dem hohen Hause zugehen werde. Im näch-
sten Jahre soll unter allen Umständen eine Gewerbeordnungsnovelle vorge-
legt werden. Abg. Wurm (Soz.) wendet sich scharf gegen ein geheimes
im „Vorwärts“ abgedrucktes Rundschreiben des Staatssekretärs an die Be-
hörden, das die Koalitionsfreiheit der Arbeiter bedrohe. Dem Arbeiter soll
danach verboten werden, seine Kameraden fern zu halten von den gesperrten
Arbeitsstätten; das Betreten von Bahnhöfen und Straßen soll den aus-
ständigen Arbeitern verboten sein. Wenn die Dinge, welche der Staats-
sekretär in dem Rundschreiben als strafbar erklärt wissen will, strafbar ge-
macht werden, dann sind die Gewerkvereine vernichtet. Gegen die Koalitionen
der Unternehmer enthält das Rundschreiben aber kein Wort. Haben nicht
große Gruppen von Unternehmern, haben nicht die großen Staatsunter-
nehmungen, zum Beispiel die Eisenbahn, in das Organisationsrecht der
Arbeiter eingegriffen? Herr v. Berlepsch und Herr v. Rothenburg
hätten sich dem gegenüber für volle Unparteilichkeit zwischen Arbeitgeber
und Arbeiter erklärt, dieser Erlaß wolle aber die Arbeiter rechtlos
machen. Staatssekretär Graf v. Posadowsky: Es handele sich in
dem Rundschreiben nicht um eine Anweisung an untergeordnete Be-
hörden oder um Winke, wie untergeordnete Behörden zu verfahren hätten,
sondern um eine Anfrage an sämtliche verbündeten Regierungen, ob solche
Maßregeln, wie sie hier in Aussicht genommen sind, sich als notwendig
herausgestellt haben. Der Staat habe die Pflicht, die Arbeitswilligen zu
schützen und er verteidigt damit die von den Sozialdemokraten bedrohte
persönliche Freiheit. Die Koalitionsfreiheit solle, wie der Erlaß betone,
grundsätzlich aufrecht erhalten werden, nur unerlaubte Mittel, zum Streike
zu zwingen, sollten bekämpft werden, und diesen Standpunkt teile auch Herr