Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierzehnter Jahrgang. 1898. (39)

274 Erankreich. (März 14. - 26.) 
sei, von einem Attentat gegen das Land zu träumen. „Unsere Offiziere 
werden von ganz anderen Träumen angestachelt.“ (Beifall.) Wenn man 
in der Agitation fortfahren würde, stände man einer Parteifrage gegenüber. 
Das Leben der Nation sei gehemmt. „Ein Teil der ausländischen Presse 
hat alles Schlechte aufgegriffen, was wir von uns gesagt haben. Das 
wird immer die Strafe derjenigen sein, welche schlecht von Frankreich 
sprechen, in der Absicht, den Beifall des Auslandes zu erlangen. Hat sich 
die französische Presse über den Fall Romani so aufgeregt, wie über den 
Fall Dreyfus? All das muß aufhören im Interesse des Landes, im Inter- 
esse des öffentlichen Friedens, unserer Sicherheit nach außen. Es muß 
sogar aufhören im Interesse jener, die sich so thöricht und verwegen in 
diesen Feldzug einließen und uns zu einem Jahrhundert der Intoleranz 
zurückbringen konnten. Die Regierung steht einer Wunde gegenüber, 
welche sie vernarben machen will, und wird alle zur Ruhe nötigen Maß-= 
nahmen ergreifen. Nach dem gestrigen Wahrspruch wird sich niemand mehr 
auf seinen guten Glauben berufen können. Wenn die Gesetze, über die die 
Regierung verfügt, nicht genügend sind, so wird sie andere verlangen. 
(Lebhafter Beifall.) — Nachdem beschlossen worden ist, die Rede Mélines 
in allen Gemeinden Frankreichs anzuschlagen, erhält das Ministerium ein 
Vertrauensvotum mit 416 gegen 41 Stimmen. 
14. März. Die Kammer genehmigt das Budget. 
21. März. Mobilisation des Nordseegeschwaders. 
24. März. (Paris.) Minister des Auswärtigen Hanotaux 
wird in die Akademie aufgenommen auf Grund seiner Biographie 
Richelieus, von der der erste Band erschienen ist. 
26. März. (Kammer.) Auswärtige Politik. Hanotaux 
über die kretische Frage, Spanien und Amerika. 
Abg. Grousset (Soz.) interpelliert die Regierung über ihre aus- 
wärtige Politik, und führt aus, die kürzlich erfolgte Mobilmachung des 
Nordgeschwaders habe lediglich den Zweck gehabt, dem Lande am Vorabend 
der Wahlen die Illusion zu geben, daß es eine Marine besitze, die auf der 
Höhe ihrer Aufgabe stehe. Der Redner tadelt, daß es die auswärtige Po- 
litik derjenigen Rußlands unterordne. Der Deputierte Buaron wirft der 
Regierung vor, sie habe Tausende von Armeniern massakrieren lassen, sie 
habe es geschehen lassen, daß die Griechen zu grunde gerichtet worden 
seien, und tadelt schließlich, daß die Regierung sich in Aegypten auf pla- 
tonische Proteste beschränke. Frankreich könne bei dem spanisch-amerikani- 
schen Konflikt nicht teilnahmslos bleiben angesichts der Uebergriffe der 
angelsächsischen Rasse gegenüber der lateinischen. Frankreich müsse an 
Spanien und die Vereinigten Staaten Worte der Versöhnung und des 
Friedens richten. Minister des Auswärtigen Hanotaux: Er habe stets 
auf alle Fragen, die an ihn gerichtet worden seien, geantwortet. Der De- 
putierte Baron habe über die ägyptische Frage gesprochen, ohne irgend eine 
präzise Thatsache anzuführen; die Regierung habe sich stets bemüht, daß 
daselbst erledigte Stellen durch französische Beamte besetzt würden; betreffs 
der gemischten Gerichtshöfe werde die Regierung die von ihren Vorgängern 
eingenommene Stellung behaupten. Was die griechische Frage betreffe, so 
hätten die Mächte dieselbe in sehr freundschaftlicher Weise behandelt. In 
der Anleihefrage, die bestimmt sei, die Räumung Thessaliens herbeizuführen, 
hoffe er noch vor dem Schluß der Session der Kammer ein Arrangemeni 
zu unterbreiten. Die griechische Frage werde also geregelt werden. Die
	        
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