Mebersicht der pelitischen Entwickelung des Jahres 1898. 383
der Armee Blancos vom Mutterlande her abschneiden. Die spa-
nische Armee mußte dann allmählich unter den Angriffen der In-
surgenten und Amerikaner verbluten.
Eine Beschießung der Küstenbefestigung Santiagos durch die
Admiräle Schley und Sampfon blieb ohne Resultat: es wurde
klar, daß ohne gleichzeitigen Angriff zu Lande die Festung nicht
genommen werden konnte. Nach mehrwöchiger Blockade war end-
lich eine Landungsarmee von etwa 15,000 Mann vor Santiago
versammelt, und nach mehreren vergeblichen Versuchen wurde sie
unter dem Schutze der Schiffsgeschütze mehrere Meilen östlich von
Santiago ausgeschifft (22. bis 25. Juni). Einige Tausend Insur-
gierter stürmten ihnen zu, und nun war Santiago bald um-
schlossen. Die spanische Garnison verteidigte jeden Schritt Landes
hartnäckig, und wenn sie auch im freien Felde überall zurückge-
drängt wurde, so behielt sie doch die Festungswerke alle besetzt.
Wie bei Manila konnte auch hier der Ausgang nicht zweifelhaft
sein, denn Aussicht auf Entsatz war nicht vorhanden. Die spani-
schen Truppen, die im östlichen Teile der Insel standen, wurden
durch die Insurgenten in Schach gehalten und konnten der Be-
lagerungsarmee nicht gefährlich werden; die Hauptmasse unter
Blanco stand am andern Ende der Insel bei Havanna und hätte
das ganze insurgierte Gebiet durchschreiten müssen, um Hilfe zu
bringen. Da die Stadt weder mit Lebensmitteln noch mit Mu-
nition reichlich versehen war, so ließ sich ungefähr berechnen, wie
lange der Widerstand dauern könne. In dieser Not entschloß sich
der Admiral Cervera zu einem verzweifelten Schritt. Um beim
Fall der Festung nicht wehrlos im Hafen zusammengeschossen zu
werden, verließ er mit der Flotte den Hafen, wie es scheint, in
der Hoffnung, durch die Schnelligkeit seiner Schiffe zu entkommen,
oder, wenn es sein müßte, in offener See im ehrenvollen Kampfe
den Untergang zu finden. Die Ausfahrt gelang wider Erwarten
gut; die Amerikaner, nicht darauf gefaßt, wurden thatsächlich davon
überrascht, waren aber sogleich gefechtsbereit. Es zeigte sich, daß
ihre Schiffe schneller waren als die spanischen, die wegen schlechter
Kohle und schadhafter Maschinen nur mit mäßiger Geschwindigkeit
fahren konnten; bald waren die Spanier eingeholt und in einen