272 Belgien. (März 6.)
seitigt werden. Ferner hat Großbritannien das wichtige Versprechen ab-
gegeben, während der Dauer des Vertrags den Zucker seiner Kolonien nicht
günstiger als den Zucker der Vertragsstaaten zu behandeln. Die britischen
Kolonien und auswärtigen Besitzungen fallen nicht ohne weiteres unter den
Vertrag, es ist ihnen vielmehr nur der Beitritt offen gehalten. Indessen
hat Großbritannien die Verpflichtung übernommen, daß dem Zucker seiner
Kronkolonien keinerlei Prämien gewährt werden dürfen. In Britisch-Ost-
indien werden mit dem Inkrafttreten des Vertrags die dort bestehenden
Prämien-Ausgleichszölle gegenüber den Vertragsstaaten wegfallen. Die
niederländischen Kolonien fallen gleichfalls nicht unter den Vertrag. Aber
auch ihrem Zucker dürfen keine Prämien gewährt werden, und derselbe
darf bei der Einfuhr in den Niederlanden nicht günstiger als der Zucker
der Vertragsländer behandelt werden. Zucker aus Ländern, die den Ver-
tragsbedingungen sich nicht unterwerfen, soll zum Ausgleich der Prämien,
die er im Ursprungsland genießt, oder der Vorteile, die sich aus einem
dort bestehenden zu hohen Ueberzoll ergeben, mit einem Strafzoll belegt
oder durch Einfuhrverbot ausgeschlossen werden. Als Termin für das In-
krafttreten des Vertrages, der auf fünf Jahre fest abgeschlossen wird, für
die spätere Zeit aber von Jahr zu Jahr kündbar sein soll, ist der 1. Sep-
tember 1903 festgesetzt. Bleibt die Ratifikation seitens Italiens, Spaniens
oder Schwedens aus, so soll dies auf das Zustandekommen des Vertrags
unter den übrigen Staaten keinen Einfluß üben. Die internationalen Ver-
handlungen über die Abschaffung der Zuckerprämien führen sich bis auf
die sechziger Jahre des neunzehnten Jahrhunderts zurück. Ein Erfolg des
neuen Jahrhunderts ist es, daß in seinem Anfang die bisher vergeblichen
Bemühungen voraussichtlich einen erfolgreichen Abschluß finden werden.
Die Zuckerprämien haben sich in den europäüschen Staaten vielfach, so auch
in Deutschland, zunächst gegen oder ohne den Willen des Gesetzgebers ent-
wickelt. Später sind sie bewußt aufrechterhalten oder auch neu eingeführt
worden, um der einheimischen Rübenzuckerindustrie den Wettbewerk mit
den Rübenzuckerindustrien der anderen europäischen Staaten zu erleichtern.
Die von den Prämienfreunden jetzt vielfach aufgestellte Behauptung, daß
die Prämien den Zweck hätten, dem Rübenzucker die Konkurrenz mit dem
Rohrzucker zu ermöglichen, ist historisch nicht richtig; es lag zu einer Be-
günstigung der Rübenzucker-Industrie gegenüber der Rohrzucker-Industrie
auch gar kein Anlaß vor, da die erstere sich stets als die leistungsfähigere
erwiesen hat. Richtig ist nur, daß die Rohrzucker-Industrie unter den
Prämien des Rübenzuckers gelitten hat, eine Tatsache, die erklärt, warum
Großbritannien jetzt einen anderen Standpunkt als früher einimmt und
anstatt, wie früher die Verbilligung des Zuckers durch die Prämien im
Interesse der britischen Zuckerverbraucher freudig zu begrüßen, nunmehr
die Beseitigung der Prämien erstrebt. Fast allgemein ist die Auffassung
gewesen, daß die Prämien keine dauernde Einrichtung sein, sondern nur
als Abwehrmittel gegenüber den Prämien anderer Länder dienen sollten.
Dies gilt insbesondere von Deutschland. Das Zuckersteuergesetz von 1896
sieht die Möglichkeit der Beseitigung der deutschen Prämien ausdrücklich
für den Fall vor, daß andere Länder ihre Prämien abschaffen. Bei Be-
ratung dieses Gesetzes hat der Reichstag eine Resolution auf künftige
Wiederaufhebung der Prämien gefaßt.“
6. März. (Brüssel.) Kundgebung für das allgemeine
Stimmrecht.
Eine Versammlung, in der mehrere liberale und sozialistische Depu-
tierte sprechen, sendet ein Telegramm an den König, worin es heißt,