Das Denische Reih und seine einzelnuen Glieder. (Mai 2.) 71
freiem Zustande, b) in den Morgenstunden im Sommerhalbjahr vor 7 Uhr
morgens, im Winterhalbjahr vor 8 Uhr morgens — von Ausnahmefällen
abgesehen —, c) an angetrunkene Personen, an Personen unter 16 Jahren
und ferner an solche Personen, die von der Polizeibehörde als Trunken-
bolde den Gast= und Schankwirten u. s. w. bezeichnet sind; 2. auf Grund
erneuter Erhebungen durch geeignete Veröffentlichungen den weitesten Kreisen
des Volkes zum Bewußtsein zu bringen, welche schädliche Wirkungen der
übertriebene Alkoholgenuß auf die körperliche und geistige Gesundheit, die
Nachkommenschaft, die Erwerbstätigkeit, das Anwachsen der Verbrecher hat;
3. Erhebungen über die für Trinker bestehenden Heilanstalten und sonstigen
Einrichtungen anzustellen und die Unterbringung von Trinkern in geeignete
Anstalten, sowie die Fürsorge für sie zu fördern, insbesondere auf Er-
richtung öffentlicher Anstalten zur Unterbringung der wegen Trunksucht
Entmündigten Bedacht zu nehmen; 4. in Wartesälen, Wartezimmern der
Behörden und sonstigen öffentlichen Räumen, in welchen das Publikum zu
verweilen pflegt, bildliche Darstellungen und sonstige Belehrungen anzu-
bringen, welche die schädlichen Folgen des übertriebenen Alkoholgenusses,
insbesondere auf die Organe des menschlichen Körpers, veranschaulichen;
5. anzuordnen, daß die Jugend in der Schule, besonders im Wege des
Anschauungsunterrichts, über die schädlichen Folgen des übertriebenen
Alkoholgenusses aufgeklärt wird.
Der Antragsteller führt aus, daß die schädlichen Folgen des Alkohol-
genusses offensichtlich seien; die Verbreitung der Schwindsucht sei darauf
zurückzuführen; die Insassen der Irrenhäuser seien bis zu 30 Prozent
Alkoholiker, 80 Prozent der Idioten seien Kinder von Säufern. Wie die
Beispiele anderer Länder zeigten, sei der Kampf gegen die Trunksucht nicht
aussichtslos. Falls durch unsere Bestrebungen der Absatz der Brennereien
eine empfindliche Schädigung erleiden sollte, müssen wir darauf bedacht sein,
andere Absatzgebiete zu erschließen und vor allen Dingen die Versuche auf
gewerbliche Verwertung des Spiritus, wenn es sein muß, finanziell zu
unterstützen. Ferner ist größere Strenge bei Erteilung von Konzessionen
sehr notwendig. (Sehr richtig.) Weiterhin sollte auch die königliche Eisen-
bahnverwaltung anordnen, daß die Wirte in den Wartesälen frisches Trink-
wasser vorrätig halten und am Mineralwasser nicht mehr Nutzen nehmen,
als gewöhnlich vom Bier, denn es ist zur Besserung der Verhältnisse durch-
aus notwendig, Ersatz für die alkoholischen Getränke zu schaffen. Hier
sollte man zunächst an das Trinkwasser denken, das heute kaum den Dienst-
boten noch dem Namen nach bekannt ist, während es früher, wie mir die
älteren Herren Kollegen bestätigen werden, auch in den besseren Familien
nach seinem hohen Wert geschätzt wurde. Auch die Einführung von Kaffee-
hallen sollte man nach Möglichkeit erleichtern. Als weiteres Mittel möchte
ich vor allen Dingen noch nennen die tunlichste Veredelung der Lebens-
freude, die Anlage von Erholungsplätzen und kleinen Gärten, sowie von
Lesehallen und Wärmehallen, ferner die Förderung gymnastischer Uebungen,
die Verteilung von Schriften, speziell des deutschen Vereins gegen den
Mißbrauch geistiger Getränke. — Unterstaatssekretär v. Bischoffshausen:
Die Regierung teile die Wünsche des Vorredners durchaus, aber um das
Ziel zu erreichen, müsse man über den Antrag hinausgehen und reichs-
gesetzliche Vorschriften erlassen. — Nachdem sich Redner aller Parteien für
die Tendenz des Antrags ausgesprochen haben, wird er einer Kommission
überwiesen.
2. Mai. Das Preußische Abgeordnetenhaus genehmigt
in dritter Beratung die Klein= und Nebenbahnvorlage.