Das Denlsihe Reich und seine einjelnen Glieder. (August 16.) 153
verheerend durchzogen, von Friedrich I., einem Enkel Philipp des Groß-
mütigen von Hessen, gegründet, regierte das landgräfliche Haus fast zwei-
einhalb Jahrhunderte lang zum Segen Homburgs und nicht ohne Einfluß
auf die Geschichte Preußens und Deutschlands, getreu seinem Wahlspruche:
Pflicht und Recht, das behüte mich! Mit Meinem Hause waren die Hom-
burger Fürsten in treuer Waffenbrüderschaft verbunden und stets haben
sie ihren Heldenarm geliehen, wenn in schicksalsschweren Zeiten Hilfe will-
kommen war. Als der Große Kurfürst nach den schreckensvollen Ver-
wüstungen des dreißigjährigen Krieges seinen Staat wieder aufbaute, trat
Friedrich mit dem silbernen Bein mit seinem Reiterregiment Landgraf
von Homburg in brandenburgische Dienste. Der 18. Juni 1675, der ruhm-
reiche und für die Größe des Hohenzollernstaates entscheidende Tag von
Fehrbellin, in welchem die neugebildeten Regimenter die Feuertaufe er-
hielten, schmückte auch sein Haupt mit wohlverdientem Lorbeer, und wie
er als todesmutiger Reiterführer, der selbst nach Verlust eines Beines
seinem Heldenberufe treu blieb, für alle Zeiten die höchste Bewunderung
verdient, so hat er auch als Landesherr zum Wohle seines Landes und
Volkes Großes getan. Er ist der Erbauer des jetzigen Schlosses. Den
um ihres Glaubens willen vertriebenen französischen Reformierten und
den Waldensern schenkte er eine neue Heimat. Die blühenden Dörfer
Friedrichsdorf und Dornholzhausen geben davon noch heute beredtes Zeug-
nis. Ackerbau und Gewerbe wurden von ihm mit landesväterlicher Weis-
heit gefördert. Den Enkel dieses Helden, Friedrich Karl, sahen wir fast
noch im Knabenalter in Preußens Heer eintreten und unter den Fahnen
Friedrichs des Großen in den schlesischen Kriegen ruhmreiche Taten voll-
bringen. Und als Preußens Stern unter dem Wetterschlag von Jena und
Auerstedt unterzugehen drohte und nach den trüben Tagen der Fremd-
herrschaft die Volkskraft sich aufraffte, die Schmach zu fühnen, da ist es
der Landgraf Friedrich Ludwig, der sechs herrliche Söhne für Deutsch-
lands Freiheit ins Feld sandte. Der hoffnungsvolle Prinz Leopold fällt
bei Groß-Görschen und in der Völkerschlacht bei Leipzig, an welcher die
fünf übrigen Brüder ruhmreichen Anteil nahmen, netzten zwei von ihnen
das Schlachtfeld mit ihrem Heldenblut. Unvergessen wird es bleiben, daß
der edle Fürst lieber die Ungnade des mächtigen Bedrückers auf sich nimmt,
als seinen Befehlen nachkommt, die Söhne aus dem österreichischen und
preußischen Heere abzurufen, und in den Jahren tiefster Entmutigung un-
erschütterlich an der Hoffnung festhält: die deutsche Nation wird wieder
aufleben und die Fesseln abwerfen und so immer das Herz von Europa
bleiben. Auch der letzte der Landgrafen, Ferdinand, weiß sich, obwohl erst
im späten Alter nach einem tatenreichen und ruhmvollen Soldatenleben
zur Regierung gelangt, die Liebe und Dankbarkeit seines Volkes in hohem
Maße zu erwerben. Die allgemeine und freudige Teilnahme an der Feier
seines 80. Geburtstages trösteten ihn über das tragische Geschick seines
Hauses. Das herrliche Bild, welches uns der Rückblick auf das Helden-
geschlecht gewährt, wäre nicht vollständig, wenn Ich nicht auch der Frauen
des landgräflichen Hauses gedächte. Sie haben sich durch echte Frauen-
tugenden, Frömmigkeit, Herzensgüte und Charakterstärke ausgezeichnet und
mehrfach zu Zeiten der Unmündigkeit der Thronerben die Geschicke des
Landes musterhaft geleitet. Ich erinnere an die Landgräfin Elisabeth,
eine Tochter des Königs Georg III. von England, wie sie, eine echte
Landesmutter, zum Segen ihres Landes gewirkt und gesorgt hat. Ihrer
wird auch noch heute im Herzen der Homburger mit treuer Dankbarkeit
und Verehrung gedacht. Ich erinnere ferner an jene anmutige Frauen-
gestalt, die Prinzessin Marianne, die Gemahlin des Prinzen Wilhelm von