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6. November. Einrichtung der Zensur für die aus dem
Ausland importierten Korans.
Falls der Scheik ül Islam darin irgendeine unrichtige Stelle ent-
deckt, werden die entsprechenden Exemplare konfisziert. Am Import sind
hauptsächlich Deutschland und Amerika beteiligt.
8. November. Protestnote der Pforte gegen die Annexion
Tripolitaniens durch Italien.
„Die Kaiserlich Ottomanische Regierung erfährt, daß die italienische
Regierung aus eigenem Antrieb ein Dekret veröffentlicht, das die Annexion.
der ottomanischen Provinzen von Tripolis und Benghasi ausspricht, und
in diesem Augenblick dies den Mächten mitgeteilt hat. Die Hohe Pforte
erhebt in energischster Weise gegen diese Proklamation Einspruch, die sie
rechtlich und tatsächlich als null und nichtig betrachtet. Ein solcher Akt
ist in der Tat nichtig, weil er den elementarsten Grundsätzen des Völker-
rechts widerspricht. ist es auch darum, weil die Türkei und Italien
sich noch in vollem Kriege befinden, den die türkische Regierung fortzusetzen
beabsichtigt, um mit den Waffen ihre unverjährbaren und unveräußerlichen.
Hoheitsrechte über diese beiden Provinzen zu verteidigen. Anderseits bildet
diese Proklamation und ihre Mitteilung an die Mächte eine doppelte und
formelle Verletzung der feierlich eingegangenen Verpflichtungen auf Grund
der Verträge, besonders derjenigen von Paris und Berlin, sowohl von
Italien gegenüber den Großmächten wie auch von diesen gegenüber der
Kaiserlichen Ottomanischen Regierung hinsichtlich der territorialen Unver-
letzlichkeit des Kaiserreiches. Unter diesen Umständen bleibt die durch die
italienische Regierung proklamierte Annexion juristisch ungültig, um so
mehr, als sie in der Tat nicht vorhanden ist.“
8. November. (Kammer.) Interpellation über die italie-
nischen Grausamkeiten in Tripolis.
Der Minister erklärte, die ersten Nachrichten über Grausamkeiten
der Italiener, die von der Presse gebracht worden seien, seien durch amt-
liche Berichte bestätigt worden. Die Pforte habe am 1. November an
die Mächte eine Protestnote gegen diese Grausamkeiten gerichtet, die für
Italien einen unauslöschlichen Schandfleck bedeuten. In der Note habe
die Pforte gebeten, den Grausamkeiten ein Ende zu machen. Am 3. No-
vember habe die Pforte eine neue Protestnote an die Signatarmächte der
Haager Konferenz gerichtet. Es sei zu hoffen, daß dieser Schritt auf Ent,
gegenkommen stoßen und den Grausamkeiten der Italiener ein Ende machen
werde, die in der ganzen zivilisierten Welt lebhafte Empörung hervor-
gerufen haben. „Inzwischen werden wir“, schloß der Minister unter den
Beifallsrufen der Kammer, „furchtlos unser Gebiet gegen den Feind ver-
teidigen. Die zivilisierten Nationen haben ihr Urteil über Italien ge-
fällt.“ — Die Kammer fand die Erklärungen des Ministers ausreichend. —
Der frühere Minister des Innern Talaat Bei rief unter dem Beifall der
Kammer: „Nieder mit den Wilden!“ Der Hodscha Said verlangte, daß
die Regierung alle Italicner unter Befolgung der gesetzlichen Formen
ausweise.
14. November. England, Frankreich und Rußland teilen der
Pforte mit, daß sie in Rom Schritte getan hätten, eine Blockade
der Dardanellen sowie ein Bombardement Smyrnas, Salonikis
und Beiruts zu verhindern.