Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreißigster Jahrgang. 1914. Erste Hälfte. (55a)

Das Beuische Reich und seine einzelren Glieder. (April 18. 19.) 199 
Es gereicht Mir zur herzlichen Freude, Sie hiervon in Kenntnis zu 
setzen, und verbeibe Ich allezeit Ihr wohlaffektionierter, dankbarer Kaiser 
Wilhelm I. R. 
Uchilleion, Korfu, den 18. April 1914. An meinen Generaladjutanten 
General der Kavallerie Grafen v. Wedel zu Straßburg i. E. 
18. April. (Bayern.) Besuch des Großherzogs und der Groß-= 
herzogin von Baden am königlichen Hofe. 
Bei der Galatafel in der Residenz bringt König Ludwig einen 
Trinkspruch aus, in dem er u. a. sagt: „Von verehrungsvoller Sympathie 
erfüllt, hat Bayern mit lebhafter Freude der Ankunft Eurer Königlichen 
Hoheit entgegengesehen. Mit dem badischen Volke durch zahlreiche Erinne- 
rungen historischer Art, durch mannigfache wirtschaftliche Wechselbeziehungen, 
durch die gemeinsamen lUleberlieferungen einer in die ältesten Jahrhunderte 
deutscher Geschichte zurückreichenden Kultur verbunden, nimmt das bayerische 
Volk regen Anteil an der froh aufwärtsstrebenden Entwicklung, die sich auf 
allen Gebieten des öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens des Großherzog- 
tums bemerkbar macht. In edlem Wettbewerbe mit den übrigen deutschen 
Bundesstaaten, den Bahnen folgend, die Euerer Königlichen Hoheit un- 
vergeßlicher Herr Vater seinem Lande gewiesen hat, steht Baden in Treue 
zu Kaiser und Reich und es setzt mit Erfolg seine reichen Kräfte ein zum 
Wohle des großen Ganzen, für die Ehre und den Glanz des gemeinsamen 
Waterlandes. Wie Unsere Völker, so sind auch Wir überzeugt, daß die 
Stärke, die dem geeinten Deutschland, die dem in sich geschlossenen Reiche 
innewohnt, nicht zu bengen und nicht zu bezwingen ist. Diese Stärke 
Deutschlands setzt sich zusammen aus Kräften, die in den Einzelstaaten 
wirken und schaffen. Wer diese vielgestaltigen Kräfte nährt, der mehrt die 
Macht des gesamten deutschen Volkes. Eines Sinnes mit Enerer König- 
lichen Hoheit in der Auffassung der Pflichten, die von Uns in vertrauens- 
vollem Zusammenwirken zu erfüllen sind, widme ich der Wohlfahrt des 
badischen Volkes und dem Gtlücke seines erlauchten Herrscherhauses Meine 
innigsten Segenswünsche.“ Der Großherzog erwidert dankend. 
19. April. (Elsaß-Lothringen.) Abschiedshuldigung für 
den scheidenden Statthalter Fürsten v. Wedel. 
Dem Fürstenpaar wird von der elsaß-lothringischen Bevölkerung ein 
Fackelzug mit Serenade dargebracht, an dem gegen 10000 Personen teil- 
nehmen. Auf eine Ansprache des Präsidenten des elsaß-lothringischen Sänger- 
bundes Rechtsanwalt Dr. Zenner-Straßburg erwidert Fürst v. Wedel u. a.: 
„Aus der regen Beteiligung weiter Kreise der Bevölkerung an dieser Ehrung 
glauben wir den uns mit größter Freude erfüllenden Schluß ziehen zu 
dürfen, daß unser stets auf des Landes Bestes gerichtetes Wollen gewürdigt 
worden ist, und wenn es mir dabei nicht immer vergönnt war, auch das 
Beste zu erreichen, so wollen Sie das menschlicher Unvollkommenheit und 
den oft schwierigen Verhältnissen zugute rechnen. Wohl habe ich im Kampfe 
gestanden und, wie ich hier ausdrücklich hervorheben möchte, in voller Ueber- 
einstimmung mit meinen früheren Mitarbeitern. Der Kampf aber hat sich 
niemals gegen das Volk gerichtet, dessen Loyalität und Zuverlässigkeit wir 
stets hochgewertet haben, sondern lediglich gegen einzelne Elemente, deren 
Wirksamkeit wir für Reich, Land und Volk als schädlich erachten. Meiner 
Frau und mir ist dieses schöne Land zur zweiten Heimat geworden und 
wir haben seine kluge und arbeitsame Bevölkerung wahrhaft lieb gewonnen 
und werden sein ferneres Geschick mit lebhaftestem Interesse und mit den 
wärmsten Wünschen bis an unser Lebensende begleiten. Bringen Sie der
	        
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