Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreißigster Jahrgang. 1914. Erste Hälfte. (55a)

200b Has Beuische Reich und seine einzelnen Glieder. (April 21.—21.) 
21. April. (Sachsen-Koburg und Gotha.) Staatsminister 
Dr. v. Richter reicht wegen eines Konfliktes mit der Hofkammer sein 
Entlassungsgesuch ein. Gleichzeitig bietet der Hofkammerpräsident 
v. Bassewitz seine Entlassung an. Im Lande entsteht eine lebhafte 
Bewegung, die sich auf Seite des Ministers stellt und in einer 
Eingabe an den Herzog zum Ausdruck kommt. Der Minister be- 
harrt indessen auf dem Wunsche, zurückzutreten. (Siehe S. 267.) 
In der Tagespresse veröffentlicht der Minister eine Erklärung, in 
der es heißt: „Der Hofkammerpräsident v. Bassewitz hielt Ende der vorigen 
Woche, ohne dem Staatsminister Mitteilung zu machen, dem Herzog in 
Monsumano einen Vortrag. Der Herzog verlieh ihm nach dem Vortrage 
eine hohe Auszgeichnung. Diese Entschließung ist an sich für die Oeffent- 
lichkeit und den Staatsminister gleichgültig. Unter den vorliegenden Um- 
ständen muß sie aber den Eindruck hervorrufen, daß in Angelegenheiten, 
in denen letzthin namentlich auch im Landtage von Angehörigen aller 
Parteien Beschwerden gegen die Handlungsweise der Hofkammer erboben 
wurden, der Herzog auf den alleinigen Vortrag des Hofkammerpräsidenten 
den Standpunkt der Hofkammer zu dem seinigen machte, ohne den politisch 
verantwortlichen Staatsminister vorher zu hören und daher die Gewähr 
zu haben, daß auch die Rechte und die Interessen der Bevölkerung dieser 
gegenüber zur Gelltung gebracht werden. Der Staatsminister lehnte es da- 
her ab, die verfassungsmäßige Verantwortung für einen solchen Schritt und 
seine politischen Folgen zu übernehmen.“ Es handelt sich um eine Ver- 
fügung der Hofkammer, durch die eine Reihe von MWegen, die bisher zum 
Domänengut gehört hatten, durch Anbringen von Wegetafeln zu herzog- 
lichen Privatwegen erklärt wurden, deren Benutzung nur auf Widerruf 
gestattet sein sollte. Der Landtag hatte einstimmig einen Beschluß an- 
genommen, das Ministerium zu ersuchen, für die Beseitigung dieser Tafeln 
zu sorgen. 
22. April. (Reichstagsersatzwahl.) Im Wahlkreise Schwetz 
wird Landrat v. Halem (Rp.) mit 84090 Stimmen gewählt. Von 
den Gegenkandidaten erhält v. Saß-Jaworski (P.) 7282, Partei- 
sekretär Grypo (Sd.) 107 Stimmen. 
24. April. (Reichstagsersatzwahl,.) Im Wahlkreise 
Braunsberg-Oeilsberg wird Gouverneur a. D. Freiherr v. Rechen- 
berg (Z.) mit 10 884 Stimmen gewählt. Im übrigen erhalten Priester 
Hinzmann (3.) 809, Redakteur Marchionini (Sd.) 227 Stimmen. 
24. April. (Preußen.) Konferenz der Gesellschaft für innere 
Kolonisation, die dadurch besondere Bedeutung erhält, daß der 
Entwurf des preußischen Fideikommißgesetzes im Vordergrund des 
Interesses steht. 6 
Prof. Sering betonte die Notwendigkeit, den Regierungsentwurf 
des Fideikommißgesetzes so weit abzuschwächen, als er das berechtigte Maß 
der Sicherung des Großbesitzes überschreite. Also vor allem Aufrichtung 
von Schranken gegen die weitere Errichtung von Fideikommissen. Der Ent- 
wurf gestatte eine Verdoppelung der jetzt schon gebundenen, landwirtschaft-
	        
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