Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierunddreißigster Jahrgang. 1918. Zweiter Teil. (59b)

Pie österreichisch-ungarische Monarchie und die Nachfolgestaaten. (Nov. 6. S.) 101 
ist es notwendig, daß jede unfreundliche Handlung gegenüber den Ange- 
hörigen des Deutschen Reiches unterbleibt. 
Am 8. wird amtlich in Wien verlautbart: Das k. und k. Ministerium 
des Aeußern hat den österr.-ung. Botschafter in Berlin beauftragt, mit 
Rücksicht auf den zwischen Oesterreich-Ungarn und den gegnerischen Mächten 
abgeschlossenen Waffenstillstandsvertrag bei der deutschen Regierung gegen 
den Einmarsch deutscher Truppen nach Tirol und Salzburg Protest zu 
erheben. Die österr.-ung. Gesandten im neutralen Auslande wurden an- 
gewiesen, den Regierungen der neutralen Staaten von diesem Proteste mit 
dem Ersuchen Kenntnis zu geben, hiervon auch den Regierungen der mit 
uns im Kriege befindlichen Staaten Mitteilung zu machen. — Am 11. Nov. 
verlassen die bayer. Truppen wieder Tirol. 
6. Nov. (Deutschböhmen.) Erste Sitzung des Landtages 
Deutschböhmens in Reichenberg. 
Landeshauptmann-Stellvertreter Seliger berichtet, daß der Landes- 
hauptmann Staatsrat und Staatssekretär Pacher genötigt gewesen sei, 
seine Stelle als Landeshauptmann niederzulegen. An seiner Statt wird 
Landesausschußmitglied Dr. v. Lodgman stimmeneinhellig zum Landes- 
hauptmann gewählt. 
6. Nov. (Deutschösterreich.) Beginn der Demobilmachung. 
Der Staatsrat faßt über die Abrüstung des Heeres folgende 
Beschlüsse: 1. Alle deutschösterreichischen Soldaten, die das 42. Lebensjahr 
überschritten haben, sind sofort zu entlassen. In den nächsten Tagen erfolgt 
fallweise, je nach der Transportmöglichkeit, die Entlassung der weiteren 
Jahrgänge. 2. Alle Enthobenen brauchen nicht mehr einzurücken. 3. Alle mit 
Urlaubscheinen Beurlaubten, wenn sie sich nicht freiwillig melden, brauchen 
nicht mehr einzurücken. Dasselbe gilt auch für die heimgekehrten Kriegs- 
gefangenen. 4. Den Soldaten unter 42 Jahren steht es frei, sich um die 
Aufnahme in die Volkswehr zu bewerben. 5. Soldaten nichtdeutscher Natio- 
nalität haben sobald als möglich heimzukehren. 6. Alle durch die vorstehenden 
Anordnungen nicht entlassenen Soldaten haben vorläufig ihren Dienst wie 
bisher zu verrichten. 7. Die vorstehenden Anordnungen gelten, soweit es 
der ungestörte Dienstbetrieb gestattet, auch für Offiziere, beziehungsweise 
Beamte der Reserve, des Landsturmes, in der Evidenz, außer Dienst und 
auf Mobilitätsdauer Aktivierte. 8. Mit der Durchführung wird das Staats- 
amt für Heerwesen betraut. 
6. Nov. (Ungarn.) Die ung. Friedensdelegation begibt sich 
nach Belgrad. 
Näheres s. in dem besonderen Abschnitt am Schluß des Kalendariums. 
6. Nov. (Ungarn.) Die Regierung überträgt die Leitung der 
ung. Truppen, die bisher dem Generalobersten Kövess oblag, an 
der G. d. J. Adolf Kronhaber. 
Am 4. wurden der Vorsitzende des Aufsichtsrates des Eisenmetallarbeiter- 
Verbandes Wilhelm Böhm, der Reichstagsabg. Ladislaus Fenyes und der 
Reichstagsabg. Friedrich zu Staatssekretären im Kriegsministerium ernannt. 
8. Nov. Aufruf Wilsons an die Völker OÖsterr.-Ungarns. 
Die „Wiener Ztg.“" meldet: An den Präsidenten des Staatsrates 
Seitz ist heute eine Depesche des Präsidenten der Ver. St. von Nordamerika 
Wilson eingelangt. Damit hat zum erstenmal ein direkter Verkehr zwischen
	        
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