Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierunddreißigster Jahrgang. 1918. Zweiter Teil. (59b)

158 Grefbritansies. (Febr. 12.—15.) 
übergehend sagt er: Die Zusatzmenge der im Inlande im letzten Jahr erzeugten 
Zerealien betrug 850000 To., und wir erzeugten einen besonderen Vorrat 
von drei Mill. Tonnen Kartoffeln. Unser Land war das einzige im Kriege, 
wo keine Verminderung der Nahrungsmittelerzeugung eingetreten ist. Im 
letzten Jahr wurde eine Million neuer Acres unter den Pflug genommen. 
Außer der Zunahme der letztjährigen sind bereits in diesem Jahre 800000 
Acres mehr unter den Pflug genommen worden und 400000 mehr in Schott- 
land und Irland. Die gesamten Vorräte an Weizen Ende Dez. letzten 
Jahres überschritten in unserem Lande die von Ende Dez. 1916 um nicht 
weniger als zwei Mill. Quarters. Vom Munitionsdepartement sagt er: 
Unsere Geschütze haben um 30 Proz. zugenommen und unsere Flugzeuge 
sind 1917 um das Zweieinhalbfache im Vergleich mit dem Jahre 1916 
vermehrt worden. Bonar Law schließt mit einer Verteidigung des gegen- 
wärtigen Regierungssystems und einem Hinweis, daß das Kriegskabinetts- 
system von allen Kriegführenden angenommen worden sei. 
Der Arbeiterführer Adamson sagt, man habe sich in den vergan- 
genen dreieinhalb Jahren oft in ernster Lage befunden, aber nie sei sie 
so ernst gewesen, wie jetzt. Einige Mitglieder des Hauses verlangten eine 
neue Regierung, und eine eigenartige Zusammenstellung, die außerhalb 
des Hauses genannt wurde, sei Landsdowne- Asquith-Henderson. (Zuruf 
des Admirals Meux: Ausgezeichnet!) Aber ehe man einen Wechsel vornehme, 
wünsche er sich zu überzeugen, daß man wirklich eine bessere Regierung 
an die Stelle der gegenwärtigen setze. (Zuruf Milliams: Wir können keine 
schlechtere bekommen!) Persönliche Fragen dürften einen Wechsel nicht 
hindern, dazu seien die Zeiten zu ernst. Ferner sollten die Entente- 
regierungen sobald als möglich ernstliche Bedingungen vereinbaren, auf 
Grund deren sie in Friedensverhandlungen einzutreten bereit seien. Nah- 
rungsmitielwucher, Lohnstreitigkeiten, Lebensmittelfragen, Wohnungsfragen 
und andere Ursachen hätten vereint dazu beigetragen, einen gewissen Stim- 
mungswechsel unter der Zivilbevölkerung herbeizuführen. Wenn man nicht 
sehr vorsichtig sei, werde man die Revolution im Lande haben. Deutsch- 
land sei das letzte Land, wo eine Revolution stattfinden werde, und wenn 
es in England eine Revolution gäbe, aber in Deutschland nicht, so würde 
das einen Zusammenbruch für England bedeuten. 
Holt (Lib.) bringt einen Zusatzantrag ein, worin dem Bedauern 
Ausdruck gegeben wird, daß gemäß der Entscheidung des Obersten Kriegs- 
rates die Fortsetzung des Krieges die einzige unmittelbare Aufgabe der 
Regierung sein soll. — Lord Henry Bentinck unterstützt den Antrag Holt 
mit dem Hinweise, daß man an einem Zeitpunkt angekommen sei, wo 
die Diplomatie aktive Bemühungen machen sollte, den Krieg zu beendigen. 
Staatssekretär des Aeußern Balfour tritt den Angriffen auf den 
Obersten Kriegsrat in Versailles entgegen. Der Oberste Kriegsrat sei in 
erster Linie zur Besprechung der großen militärischen Fragen zusammen- 
gekommen. Allerdings habe er eine Erklärung über die Schlüsse, die aus 
den Reden des deutschen Kanzlers und des österr.-ung. Ministers des 
Aeußeren gezogen werden müßten, abgegeben; er habe aber nicht die Kriegs- 
ziele besprochen. Man habe die beiden Reden geprüft, aber darin keine 
Friedensannäherung gefunden. Aus diesem Grunde seien die Verhand- 
lungen über die militärischen Maßregeln wichtiger gewesen als je. Es habe 
keinen Sinn, der Regierung vorzuwerfen, daß sie sich nicht diplomatischer- 
Mittel bediene. Diplomatiche Methoden hätten nur dann Zweck, wenn 
man mit einem Volke zu tun habe, das entschlossen sei, zu einer Ueber- 
einstimmung zu gelangen. Die Mittelmächte hätten aber offen gezeigt, 
daß sie keine solche Absicht hegten. Der Unterschied im Ton, nicht im
	        
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