162 Grsfbritannien. (Febr. 20.—23.)
S. 335) einberufen. Es sind vertreten: Frankreich (soz. Mehrheit und Minder-
heit), England (Arbeiterpartei), Belgien, Italien und Serbien. Ferner be-
schließt die Konferenz, daß die Abg. der Italia Irredenta, Bosniens, Ru-
mäniens und Südafrikas an den Verhandlungen mit beratender Stimme
teilnehmen sollen. Kanada, Australien, Portugal und Griechenland senden
Zustimmungstelegramme. Der amerik. Gewerkschaftsbund hat die Teilnahme
abgelehnt, ebenso die russ. Maximalisten. Den Minimalisten und den Soz.
Rev. wurden von der russ. Regierung die Pässe verweigert. Die Tages-
ordnung der Konferenz umfaßt: 1. Beratung über die von der brit. Ge-
werkschaftskonferenz in London am 28. Dez. 1917 (s. Geschnal. 1917 Tl. 2
S. 375 f.) angenommene Kriegsdenkschrift und der von den vertretenen
Ländern eingebrachten Zusätze. 2. Besprechung der Ratsamkeit der Ein-
berufung einer internationalen Konferenz und der ihr zugrunde zu legenden
Bedingungen. 3. Beratung der zu unternehmenden Schritte, um eine Ver-
tretung der Arbeiterklasse auf der offiziellen Friedenskonferenz zu sichern
und der Ratsamkeit der Einberufung entweder einer interalliierten oder einer
internationalen Konferenz, die gleichzeitig mit der offiziellen Friedenskonferenz
zu tagen hätte. Die Verhandlungen sind geheim. Es wird beschlossen, fünf
Kommissionen zu bilden: nämlich für die allgemeine Politik, für Gebiets-
fragen, für wirtschaftliche Fragen, für die Internationale. für Mitteilungen
an die Oeffentlichkeit. Die von den Kommissionen vorgeschlagenen Ent-
schließungen werden von der Konferenz fast ohne Diskussion angenommen.
Das wichtigste Ergebnis der Konferenz bildet das am 23. angenommene
Memorandum über die Kriegsziele. Es erneuert zunächst die am
14. Febr. 1915 (s. GeschKal. 1915 S. 734) angenommene Erklärung, tritt so-
dann für den Völkerbund ein und erörtert dann im einzelnen die territorialen
Fragen im Sinne der von der engl. Gewerkschaftskonferenz am 28. Dez. 1917
gebilligten Grundsätze. Die einzigen bedeutsamen Unterschiede betreffen Elsaß-
Lothringen und die afrik. Kolonien. Bezüglich Elsaß-Lothringens wird
verlangt, daß eine formelle Desannexion der nachherigen unter interalliierter
Kontrolle vorzunehmenden Volksabstimmung vorangehe. Während im Dez.
1917 vorgeschlagen wurde, sämtliche mittelafrik. Kolonien der Verwaltung
eines internationalen Ausschusses zu überantworten, werden jetzt ähnliche
Vorschläge nur über die „während des Krieges eroberten Kolonien“,
d. h. also der deutschen Kolonien, gemacht. Allerdings wird betont, daß
die Kolonialfrage keineswegs ein Friedenshindernis bilden dürfe. Der
Schluß des Memorandums lautet: Die Konferenz ist der Anschauung, daß
eine internationale Konferenz der Arbeiter- und Sozialistenorganisationen
zur Beseitigung der Mißverständnisse geeignet sein würde, die dem Welt-
frieden im Wege stehen. Aber die wesentlichste Bedingung für eine solche
Konferenz ist, daß alle Organisationen, die dort vertreten sein werden,
öffentlich ihre Friedensbedingungen in genauer Form und in Ueberein-
stimmung mit den Grundsätzen darlegen: Keine Annexion oder Strafent-
schädigung und Selbstbestimmungsrecht für alle Völker, und daß sie mit
all ihrer Kraft dafür sorgen, daß ihre Regierungen diese Grundsätze auf
der offiziellen Friedenskonferenz anwenden. — Die Konferenz wählt Albert
Thomas, Emile Vandervelde und Arthur Henderson in eine Kommission,
die bei allen Regierungen das Versprechen auswirken soll, daß zum wenigsten
ein Vertreter des Arbeitersozialismus Mitglied der offiziellen Friedens-
delegation sein soll, und die eine arbeitersozialistische Konferenz organisieren
soll, die gleichzeitig mit der offiziellen Friedenskonferenz tagen soll. Kein
Land sollte mehr als vier Vertreter zu einer solchen Konferenz schicken dürfen.
Der Kopenhagener „Socialdemocraten“ bemerkt zu dem Memorandum:
Im großen ganzen stimmt dieses Friedensprogramm überein mit dem des