Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierunddreißigster Jahrgang. 1918. Zweiter Teil. (59b)

Großbritannien. (April 9.—16.) 175 
hauptung lustig, die britischen Streitkräfte wären durch Nebenunternehmungen 
vergeudet worden. Wären die franz. und brit. Divisionen nicht in Italien 
gewesen, so hätte es der österr.-ung. Armee freigestanden, ihre ganze Kraft 
an die Westfront zu werfen. Was Saloniki angehe, war das einzige, 
was die gegenwärtige Regierung getan hat, das, daß sie die Streitkräfte 
in Saloniki um zwei Divisionen vermindert hat. In Mesopotamien steht. 
nur eine weiße Division, in Aegypten und Palästina nur drei. Die übrigen 
seien indische oder gemischte Divisionen. Was unsere Verluste betrifft, so- 
ist es noch zu zeitig, um sie genau festzustellen. Aber Haig erklärt, daß die 
deutschen Behauptungen gänzlich unmöglich seien. Der Feind hat sich end- 
gültig entschlossen, in diesem Jahre die militärische Entscheidung zu suchen. 
Das bedeutet eine Dauerschlacht von der Nordsee bis zur Adria. Alles.- 
hängt davon ab, daß wir unsere Kraft bis ans Ende aufrechterhalten, und 
mit amerik. Hilfe sind wir dazu imstande. 
L. G. geht sodann zu den Vorschlägen betr. Mannschaftsersatz. 
über und führt aus: Der erste Entwurf bezweckt die Erhöhung des Dienstpflicht- 
alters auf 50 Jahre und in einigen bestimmten Fällen, bei Leuten, die be- 
sondere Eignung und Erfahrung für die Armee haben, bis zu 55 Jahren. 
Ferner ist es nicht möglich, Irland weiter von der allgemeinen Dienstpflicht zu 
entheben. Deshalb schlagen wir vor, das Gesetz der militärischen Dienst- 
pflicht auf Irland auszudehnen, und zwar unter denselben Bedingungen, 
die für Großbritannien gelten. Die Regierung hat gleichzeitig die Absicht, 
ohne weiteres das Parlament aufzufordern, Irland die geforderte Autonomie- 
zu geben. Der Bericht des ir. Konvents (s. S. 173) hat die Gelegenheit ver- 
schafft, diese Frage mit einiger Hoffnung auf Erfolg zu betrachten. Amerika 
ist jetzt im Kriege, und in den Ver. St. gibt es mehr Iren als in Irland 
selbst, und dort sind sie auch der Dienstpflicht unterworfen, ebenso wie die 
Iren, die sich in England befinden, und die, die sich in Kanada aufhalten. 
Deshalb ist es recht und billig, daß auch in Irland die Dienstpflicht ein- 
geführt wird, ebenso wie es in England gehalten wird. Ich hoffe, daß es 
möglich sein wird, das Gesetz noch in dieser Woche zu erledigen. Wenn 
diese Schlacht zum Nachteil der Alliierten abläuft, so ist der Krieg hiermit 
noch nicht zu Ende, denn England wird, solange es noch ein Schiff auf 
dem Meere hat, keinen deutschen Frieden annehmen. Wenn aber, wie ich 
glaube, die Schlacht gewonnen wird, dann ist das Todesurteil für das 
Preußentum geschrieben. Die Mannschaften, die England jetzt dem Heere 
einverleiben will, sind vielleicht das Mittel zum entscheidenden Sieg, und 
mit dem neuen Gesetz und mit der Hilfe Amerikas vor Augen braucht man 
sich keine Sorge über den endgültigen Ausgang zu machen. 
Hierauf spricht der Vertreter der Opposition Asquith, der eine nähere 
Besprechung des Gesetzentwurfes für später sich vorbehält; gegenwärtig. 
müßten alle Bedenken vor der Frage, wie der militärische Erfolg zu er- 
zielen ist, zurückgestellt werden. — Devlin (ir. Nat.) schlägt die Vertagung der 
Debatte vor und erklärt, der Versuch, Irland die Dienstpflicht aufzuzwingen, 
sei Wahnsinn. Der neue Vorsitzende der irischen Partei, Dillon, unterstützt 
den Vorschlag Devlins und richtet an Lloyd George die Frage, ob er einen 
einzigen irischen Abgeordneten um Rat gefragt habe, bevor er seinen Ent- 
schluß getroffen habe. Schließlich wird der Vorschlag Devlins mit 323 gegen 
28 Stimmen zurückgewiesen. Das Gesetz wird mit 299 gegen 80 Stimmen 
in erster Lesung angenommen. 
Am 10. spricht sich bei der zweiten Lesung Asquith dagegen 
aus, daß Irland aus Nützlichkeitsgründen in den Geltungsbereich des Wehr- 
pflichtgesetzes einbezogen werde, und stellt die Frage, ob die Einführung 
der Dienstpflicht in Irland so lohnend sein würde, daß sie die Schwierig-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.