14 Vie österreithisch-nngarische Monatthie und die Uachfolgestaalen. (Febr. 7. — 11.
Die Generaldebatte wird am 7. wegen der Ministerkrise (s. u.) ab-
gebrochen.
7. Febr. Kabinettskrise.
Ministerpräsident Dr. v. Seidler überreicht dem Kaiser das Rück-
trittsgesuch des Gesamtkabinetts. Der unmittelbare Anlaß ist eine böh-
mische Angelegenheit, nämlich die Zusage des Ministerpräsidenten an die
Deutschböhmen betr. die Errichtung des Rreisgerichts in Trautenau, wo-
durch die Opposition der Tschechen und Südslawen noch verschärft wird.
Da ferner der Polenklub die Bewilligung des ordentlichen Budgets wie
die Genehmigung eines zweimonatlichen Budgetprovisoriums abgelehnt hat,
weil die Regierung die dem Klub gegenüber übernommenen Verpflichtungen
größtenteils nicht erfüllt habe, so verfügt die Regierung bei der an diesem Tage im
Abg.-Hause vorzunehmenden Abstimmung über den Staatsvoranschlag für
1917.18 über keine Majorität. — Kaiser Karl lehnt jedoch die Annahme des
Rücktrittgesuches ab, da er „ganz besonderen Wert darauf lege, daß das sein
volles Vertrauen besitzende und unter den schwierigsten Verhältnissen be-
währte Ministerium im Amt verbleibe“.
8. Febr. (Ungarn.) Der Wahlrechtsausschuß des Abg.-Hauses
hält seine erste Sitzung ab.
Die Wahlrechtsvorlage wurde am 21. Dez. 1917 (. GeschKal. 1917
Tl. 2 S. 225 f.) veröffentlicht.
9. Febr. Friedensschluß des Vierbundes mit der Ukraine in
Brest-Litowsk.
Näh. s. in dem besonderen Abschnitt am Schluß des Kalendariums.
9. Febr. Amtlich wird eine Vereinbarung zwischen Oesterreich-
Ungarn und Rußland über die Freilassung von Zivilpersonen be-
kanntgegeben.
11. Febr. Die Polen in schärfster Opposition.
Das Präsidium des Polenklubs erklärt dem Ministerpräsidenten,
daß angesichts der Veröffentlichung des Friedensvertrags mit der Ukraine,
worin von römisch-katholischer polnischer Bevölkerung in überwiegender
Mehrzahl bewohnte Gebiete von Kongreßpolen (es handelt sich vor allem
um den Cholmer Kreis; s. Polen, 11. Febr.) zugunsten der Ukraine ab-
getrennt wurden, der ganze Polenklub sich gezwungen sehe, sowohl im
Reichsrate als auch in der österr. Delegation zur schärfsten Opposition
überzugehen.
Am 16. billigen in gemeinsamer Vollversammlung die dem Polenklub
angehörigen Mitglieder des Abg.-Hauses und des Herrenhauses ohne
Erörterung die von dem parlamentarischen Ausschuß der Regierung an-
gesagte „schärfste Opposition“ und nehmen die Erklärungen, die in jedem
Hause des Reichsrates wegen des Friedens mit der Ukraine abgegeben
werden sollen, sowie einen Aufruf an die Polen in Oesterreich an. In dem
Aufruf heißt es, die deutsch-ukrain. Freundschaft beabsichtige, eine Saat von
Haß zwischen dem poln. und ukrain. Volke auszustreuen und das poln. Volk
zu einem Hörigen des deutschen Staates und des deutschen Handels zu
machen. Das Cholmer Land solle zu einer Brücke gemacht werden für die
deutsche Armee in ihrem Vormarsch nach dem Osten Europas und an das
Schwarze Meer und an den Kaukasus. Der Polenklub erhebe im Namen
der Polen Oesterreichs feierlichen Protest gegen den Friedensvertrag von