Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierunddreißigster Jahrgang. 1918. Zweiter Teil. (59b)

184 Grohbritannien. Mai 18.) 
die die Einzelheiten festzusetzen hat, nachdem die Hauptgegner inbezug auf 
die Hauptziele einig geworden sind. Wie kann man dies ausfindig machen, 
wenn man nicht miteinander gesprochen hat? Aber wie will man miteinander 
ins Gespräch kommen, wenn immer wieder Enthüllungen gemacht werden 
und man mit Steinen gegeneinander wirft? Den Friedenszielen dient man 
nicht allein mit dem Mut der Armeen, sondern auch mit allen Waffen der 
Diplomatie, wenn die Zeit reif ist. um uns und unseren Alliierten einen 
befriedigenden und guten Frieden zu sichern. Schließlich sagt S., er wünsche 
nicht, seine Hörer zu entmutigen. aber er glaube nicht, daß der Frieden 
sehr nahe sei, und deshalb gebe er dem Volke den Rat, fest und treu zur 
Regierung zu stehen. 
Nach den „Times“ (und dem „Daily Telegraph“) lauteten die ent- 
scheidenden Sätze: Dieser Krieg geht weit über einen bloßen Waffengang 
im Felde hinaus. Wir werden uns zu einer siegreichen Beendigung sowohl 
unserer Diplomatie, wie aller unserer übrigen Kräfte bedienen müssen. Wie 
sollen wir ohne einen geheimen und vertraulichen Gedankenaustausch in 
Erfahrung bringen, zu welchen Zugeständnissen der Feind bereit ist. Unsere 
vornehmsten Friedensziele- werden nicht nur durch die Tapferkeit unserer 
Truppen, sondern, wenn der Zeitpunkt für die Erlangung eines Friedens, 
wie er den Alliierten genügt, gekommen sein wird, auch durch die Waffen 
unserer Diplomatie erfochten werden. 
K. Fr. Nowaktteilt a. a. O. (s. S. 28) S. 378 ff. den angeblich v. 18. Juni il) 
1918 datierten Timesbericht über die Rede im Original und in deutscher 
Uebersetzung mit und knüpft daran (a. a. O. S. 165 ff.) die Behauptung. 
daß die Rede Kühlmanns v. 24. Juni (s. Tl. 1 S. 202 ff.) die unmittelbare 
Antwort auf den Smutsschen Friedensfühler gewesen sei, eine Geschichts- 
konstruktion, die schon durch die Tatsache, daß die Smutssche Rede bereits 
am 17. Mai gehalten und auch an diesem Tage durch das „WIB.“ im 
Auszuge in Deutschland bekannt gemacht wurde, als hinfällig erwiesen wird. 
18. Mai. (Irland.) Massenverhaftungen. 
Auf Anordnung des neuen Vizekönigs (s. S. 180) werden zahlreiche 
Verhaftungen vorgenommen, um angeblich eine „deutsche Verschwörung“ 
unschädlich zu machen. In Wirklichkeit sucht die engl. Regierung durch 
diese Ausstreuungen die Wehrpflichtgegner (s. S. 178) in der öffentl. Meinung 
zu kompromittieren. Nach engl. Blättermeldungen beträgt die Zahl der Ver- 
haftungen rund 500; darunter befinden sich sämtliche bekannte Führer der 
Sinnfeiner, wie de Valera, Gräfin Markiewicz, Arthur Griffith, Dr. Dillon, 
Abg. Cosgrave und Graf Plunkett. 
Gleichzeitig erläßt Vizekönig French eine Proklamation, in der 
er alle treuen irischen Untertanen Sr. Maj. aufruft, die Verschwörung nicht 
zu unterstützen und zu einer wirksamen Fortsetzung des Krieges sowie zur 
Wohlfahrt und Einheitlichkeit des Reiches beizutragen. Zur Erlangung dieses 
Zieles werde er noch weitere Maßregeln ergreifen, um den freiwilligen Dienst- 
eintritt in das Heer Sr. Maj. zu erreichen, in der Hoffnung, daß Irland, 
ohne daß die Regierung zum Dienstzwang übergehen müsse, in ensprechen- 
der Form zur Wehrmacht beitragen werde. 
Der neue Chessekretär für Irland Shortt erläßt eine ergänzende 
Erklärung, worin er kundgibt, daß er mit dem Vizekönig die volle Ver- 
antwortung für die Maßregeln übernehme, die ausschließlich gegen die 
deutschen Intrigen gerichtet seien. Die ir. Regierung sei fest entschlossen, 
alle notwendigen Maßregeln zu ergreifen, das deutsche Komplott zu vereiteln. 
Am 25. verbreitet „Reuter“ über die Vorgeschichte der Verhaf- 
tungen in Irland folgende amtliche Erklärung: Die Geschichte einer
	        
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