Großbritannien. (Juni 20.) 189
den Kampf nutzbar machen könne, um das Ergebnis ernstlich zu beein—
flussen. Sie haben sich getäuscht. Die Anzahl der Truppen, die in diesem
Monat herübergekommen ist und weiterhin jeden Monat herüberkommen
wird, ist so groß, daß wir sie noch vor 1—2 Monaten für völlig unmög-
lich gehalten hätten. Das Maß der amerik. Mitwirkung auf den Schlacht-
feldern in Frankreich wird nicht durch die Frage der Beförderung, sondern
durch die Anzahl der geübten Leute, die für den Kampf verfügbar sein
können, begrenzt. Dies ist die große Tatsache dieses Jahres, und es soll
die entscheidende Tatsache des ganzen Krieges sein. Mit Bezug auf die
gegenwärtige Lage bemerkt B. L.: Augenblicklich ist eine Pause eingetreten.
Aber es wird bald ein neuer Schlag erfolgen. Es liegt in der Natur der
Sache, daß es unmöglich ist, mit irgendwelcher Sicherheit vorauszusagen,
welchen Teil unserer Front der Schlag treffen wird. Die Oberste Heeres-
leitung der franz., amerik. und engl. Truppen ist auf ihn vorbereitet und
sieht ihm nicht nur hoffnungsvoll, sondern mit Vertrauen entgegen. Die
Moral unserer Truppen war nie höher als jetzt. Der Ausgang ist noch
immer ungewiß. In den nächsten paar Monaten wird die höchste Ent-
scheidung in diesem Kampfe fallen. Wenn die Deutschen innerhalb der
nächsten drei Monate keines der drei strategischen Ziele erreicht haben,
werden sie trotz ihrer Siege den Feldzug verloren haben. Die Zukunft
unseres Landes und der Welt hängt von den nächsten paar Wochen ab. Sie
hängt vor allem von unseren Soldaten und den Soldaten der Alliierten ab.
Diese werden uns nicht im Stich lassen. Aber sie hängt auch von den Leuten
in der Heimat ab. Wir müssen wie unsere Soldaten die uns auferlegten
Lasten tragen. Wir werden sie mit Vertrauen, Mut und Hoffnung tragen.
Hierauf spricht der Führer der lib. Opposition Asquith, der es als
die erste Pflicht des Hauses bezeichnet, jetzt der Regierung patriotische
Ratschläge zu geben und ihre Standhaftigkeit zu unterstützen. — Schließ-
lich wird die Kreditvorlage in erster (und am 21. in dritter) Lesung ein-
stimmig angenommen.
20. Juni. (Oberhaus.) Irenpolitik.
Im Laufe einer Debatte über die Lage in Irland unterzieht Lord
Wimborne (früher Vizekönig von Irland) die Irenpolitik der engl. Re-
gierung einer verdammenden Kritik und bekundet dabei in deutlichster
Weise Zweifel über das tatsächliche Bestehen eines deutsch-irischen Kom-
plottes in dem Sinne, in dem die Regierung davon gesprochen hat. Man
wünsche bezüglich des angeblichen deutschen Komplottes mehr zu erfahren,
als die Regierung bisher bekanntgegeben habe. Es sei sonderbar, daß
weder ihm, noch seines Wissens einem andern Mitgliede der ir. Exekutive
trotz der ihnen zur Verfügung stehenden Mittel der Information von dem
Bestehen des fraglichen Komplottes etwas bekannt gewesen sei, bis die
britische Regierung es entdeckte. Selbstverständlich wisse er, daß die extremen
Sinnfeier stets bereit seien, eine deutsche oder irgendwelche andere Unter-
stützung anzuehmen, um durchzusetzen, was sie als ihre Interessen ansehen.
Er glaube, man tue gut, das angebliche deutsche Komplott und was sich
letzthin in Irland ereignet habe, mehr als eine Folge des neuen gutkehrenden
Besens, als durch den fundamentalen Wechsel in der Lage in Irland her-
vorgerufen anzusehen. Man habe dort ein militärisches Regime eingeführt,
dessen Aufrechterhaltung 80 000 Mann erfordere, von denen die meisten
besser an der Front in Frankreich wären. Aber damit habe man keines-
wegs Irland einzuschüchtern vermocht. Die Lage sei schlechter denn je zuvor.
Im Namen der Regierung erklärt hierauf Lord Curzon u. a.: Zwei
Dinge von großer Bedeutung haben sich ereignet. Das erste war die im