200 Großbritannien. (Juli 11. 16.)
Grundlage für Verhandlungen an. Sie billigten den Gedanken eines födera-
listischen Systems für Oesterreich-Ungarn und den Gedanken eines Balkan-
bundes. In ihrer Antwort verwarfen sie die Verträge von Brest-Litowsk
und Bukarest, und vertraten die Ansicht, daß alle Fragen über Etsaß-
Lothringen, Italien, Polen, die Türkei und die Kolonien in Uebereinstim-
mung mit den Wünschen der beteiligten Völker gelöst werden müssen. Die
Antwort der deutschen Minderheitssoz. stehe vollkommen auf dem
Boden des Memorandums. Von der Antwort der deutschen Mehrheits-
soz., die versucht hatten, durch Vermittlung Troelstras ihre Antwort (s. Tl. 1
S. 223 f.) zuzustellen, sei nur ein Auszug in Hendersons Hände gelangt.
Am 25. meldet „Reuter“ aus London: Es wird zu der Antwort der
deutschen und österr. Soz. auf das Memorandum der Interalliierten Sozia-
listenkonferenz von wohlunterrichteter Seite bemerkt, daß diese Ant-
wort in verschiedenen wichtigen Punkten die Tatsachen umgeht. Die Ant-
wort nahm an, daß ein Sieg der Alliierten lediglich den Imperialismus
stärken würde, ebenso wie ein deutscher Sieg. Eine derartige Unterstellung
ist bereits energisch durch Erklärungen über die Kriegsziele der Alliierten
entkräftet worden. In klarer Weise haben Lloyd George, Asquith und
Wilson darüber Erklärungen abgegeben. Die Antwort der deutschen und
österr. Soz. stützt sich auf das angebliche franz. Verlangen, außer Elsaß-
Lothringen noch andere deutsche Gebietsteile zu annektieren. Es besteht
jedoch absolut kein Anlaß zu dem Glauben, daß sich die Entente als Ganzes
mit den Absichten einverstanden erklären könnte. Wenn die Entente einen
vollständigen Sieg erränge, so würde zweifellos kein deutsches Gebiet von
Deutschland abgetrennt werden. Auch der Hinweis auf Irland, Aegypten
und Indien ist unhaltbar. England tut alles, Irland Homerule zu ver-
schaffen, und die Schwierigkeiten entstanden lediglich durch die Meinungs-
verschiedenheiten in Irland selbst. Für Indien kann das Selbstbestimmungs-
recht nicht in Frage kommen, da es keine Einheit darstellt; denn Indien
umfaßt 200 bis 300 verschiedene Nationen, und England sucht bereits seit.
Jahren nach einem Wege, Indien eine Selbstverwaltung zu geben.
14. Juli. Schluß der deutsch-engl. Gefangenenkonferenz im Haag.
(S. Niederl.)
16. Juli. Abschluß eines Schiedsgerichtsvertrages mit Peru.
(S. Mittelam.)
16. Juli. (Oberhaus.) Friedensfrage.
Lord Wimborne, der frühere Vizekönig von Irland, bringt eine
Entschließung ein, in der er auf die kürzlichen Reden Kühlmanns (s. Tl. 1
S. 202 ff.) und Hertlings (s.Tl. 1 S. 237 ff.) aufmerksam macht und die Meinung.
ausdrückt, daß bei der Aufnahme feindlicher Friedensvorschläge mehr darauf
Bedacht zu nehmen sei, die Friedensziele der Entente klarzulegen und
den Militarismus in den Augen der Völker der Zentralmächte zu dis-
kreditieren. In der Begründung führt Lord W. aus, es sei zweifelhaft, ob
ein Deutscher in einer Million sei, der diese Ziele kenne, dagegen wisse
jeder kriegsmüde Deutsche, daß zum wenigsten dreimal der Kaiser oder
seine Minister Friedensangebote zu Bedingungen gemacht hätten, die jedem
Alldeutschen als einer Kapitulation nahekommend erscheinen müßten. Da
diese Angebote jedesmal von den Staatskanzleien der Alliierten mit
eisigem Stillschweigen aufgenommen worden seien, so glaube der gewöhn-
liche Deutsche, daß die Alliierten auf nichts weniger als die Vernichtung.
Deutschlands aus seien und daß ihm nichts anderes übrig bleibe, als den
Kampf fortzusetzen. Der Krieg müsse gewonnen werden; aber er sei kein.