Großbritannien. (Dez. 28.) 237
Gewissens, und ein Staatsmann, der ihm widerstrebt, würde eine sehr wenig
beneidenswerte Stellung in der Weltgeschichte einnehmen. Wir gehorchen
nicht den Aufträgen politischer Parteien, sondern denen der Menschheit.
Das ist der Grund, warum die Dinge, an die wir am häufigsten denken,
am unbwichtigsten sind. Ich rechne nicht darauf, daß jede Einzelheit der
Abmachungen, die wir anstreben wollen, in jeder Richtung befriedigend
sein wird. Man braucht nur an irgendeine der Fragen der Abgrenzungen
und der veränderten Souveränität und an nationale Bestrebungen zu denken,
um mit ziemlicher Bestimmtheit sagen zu können, daß es keinen Menschen
und auch keine Gruppe von Menschen gibt, die genau sagen können, wie
diese Fragen geregelt werden müssen. Aber wenn wir schon nicht befriedigende
Regelungen treffen können, so müssen wir wenigstens darauf achten, daß
sic durch die späteren Korrekturen immer befriedigender werden. Wir müssen
deshalb für einen Mechanismus der Wiederherstellung sorgen, um einen
Mechanismus des guten Willens und der Freundschaft zu haben. Wenn
die Welt eine Gemeinde von Freunden bleiben soll, so muß sie über die
Mittel zur Freundschaft und zum beständigen freundschaftlichen Verkehr
verfügen, über die Mittel zu beständiger Wachsamkeit über das gemein-
same Interesse, über eine einfache und dauernde Methode von Konferenzen,
die es ermöglichen, die Schwierigkeiten dann in Angriff zu nehmen, wenn
sie noch klein sind, und die nicht gestattet, daß sie wachsen und groß werden.
Das ist eine Doktrin, die in einem großen kaufmännischen Zentrum wie
diesem leicht verständlich sein sollte. Wir können nicht mit Menschen Handel
treiben, die uns verdächtigen. Wir können nicht kaufmännische und indu-
strielle Beziehungen anknüpfen zu denen, die uns nicht trauen. Der gute
Wille ist der Vorläufer des Handels, und der Handel ist das große Freund-
schaftsinstrument der Welt.
28. Dez. Zählung der Wahlstimmen.
Nach der „Morning Post“ betrug die Zahl der Wahlberechtigten
21611211 Personen. Es beteiligten sich an der Wahl (s. S. 234) 10755268
Personen oder 49,3 Proz. der Stimmberechtigten. Gewählt sind: Koalition:
Unionisten 333, Lib. 135, Arbeiterp. 9; Gegner der Koalition: Unabh.
Unionisten 51, Lib. (Asquith-Partei) 28, Arbeiterp. 62, Unabh. 3, Nationalp.
2, irische Nationalisten 8, Sinnfeiner 72, Soz. 1, kl. Parteien 2. (1 Ab-
geordnetensitz ist noch frei.) Demnach verfügt die Koalition über 477, die
Opposition über 229 Sitze, die Majorität der Regierung beträgt also 248.
(Das bish. Haus zählte 282 Union., 260 Lib., 38 Arbeiterp., 6 Nationalp.,
78 ir. Nat., 6 Sinnf.) Das Ergebnis bedeutet für die Koalitionsregierung
einen glänzenden Sieg, wobei freilich in Rechnung zu stellen ist, daß die
(aus den Mitteilungen der Presse nicht genau feststellbaren) Ziffern der
einzelnen Parteien für die Koalition nicht so günstig sind, so daß sie bei
einem gerechteren Wahlsysteme nur eine kleine Mehrheit erhalten haben
würde. Die gegenwärtigen Minister sind fast alle wieder gewählt worden,
während die ehem. lib. Minister fast ausnahmslos ihre Mandate verloren
haben. U. a. sind durchgefallen: Asquith, McrKKenna, Runciman, Samuel,
Simon. Völlig unterlegen sind die Friedensfreunde, wie Macdonald, Snowden,
Ponsonby, Jowett, Noel Buxton, Outhwaite. Nicht gewählt sind auch der
Führer der Arbeiterpartei Henderson und der Führer der ir. National.
Dillon. Als einzige Frau wurde in Dublin die Gräfin Markiewicz (Sinnf.)
gewählt. Bemerkenswert ist auch die fast völlige Vernichtung der regierungs-
freundlichen ir. Nationalisten, die 70 Sitze verloren, wogegen die Sinn-
feiner 66 gewannen.