Eraukreiq. (Jan. 11.) 239
ins Auge fassen zu können. Th. erinnert daran, daß, als er in Rußland
war, er von Elsaß-Lothringen gesprochen und laut erklärt habe, daß das
franz. Elsaß-Lothringen ein Wahrzeichen des verletzten Rechtes sei. Die
demokratischen Ideen gewännen in Deutschland Raum und er fordere die
Regierung auf, die Macht dieser Ideen nicht gering einzuschätzen.
Hierauf legt der Minister des Aeußern Pichon eingehend den Stand-
punkt der Regierung dar, wobei er einleitend auf die jüngsten Erklärungen
Lloyd Georges (s. Großbr., 5. Jan.) und Wilsons (s. Ver. St., 8. Jan.) Be-
zug nimmt: Die Verweigerung der Pässe für Petersburg ist keine
grundsätzliche Frage. Man kann es zulassen, und ich für mein Teil gestatte
es gern, daß zwischen den russ. und den franz. Soz. Besprechungen statt-
finden. Ich erkläre, daß wir Rußland keineswegs aufgeben, daß wir mit
allen Teilen des russischen Volkes in Berührung bleiben und keinen Unter-
schied zwischen den verschiedenen Meinungen in diesem Lande machen. Aber
bei der Frage der Ausstellung von Pässen handelt es sich darum, ob
diese vorteilhaft ist. Außerdem ist dies Verlangen in einer zu dunklen
Stunde gestellt worden, als daß wir ihm Folge geben könnten. In der Tat
wollen die franz. Sozialisten sich mit der maximalistischen Regierung und
ihren Freunden einlassen. Nun, dieser Schritt war für uns voller Gefahren.
Hätten wir ihn möglich gemacht, so hätten wir unseren Anteil an der Ver-
antwortung auf uns genommen. Diese Verantwortung haben wir nicht auf
uns nehmen wollen, und wir sind fest entschlossen, sie nicht auf uns
zu nehmen. Wir wollen in keiner Weise mit maximalistischen Besprechungen
verquickt werden; denn wir besitzen den Beweis, daß Deutschland uns hinein-
zuziehen versucht hat. An dem Tage, an dem man unmittelbar mit Friedens-
vorschlägen an uns herantreten würde, werden wir sie in Uebereinstimmung mit
unseren Bundesgenossen prüfen und beantworten. Von Verhandlungen über
diese Angelegenheiten mit der usurpatorischen Gewalt in Petersburg kann
keine Rede sein. Wir sind gleichfalls gegen jeden Gedanken einer inter-
nationalen Arbeiterkonferenz. Eine solche Konferenz würde noch gefährlicher
sein, wie Besprechungen mit den Maximalisten. Sie würde die öffentliche
Meinung beunruhigen und an die Stelle der Autorität der Regierung
private Initiative setzen, ohne von dem Skandal solcher Versammlungen zu
sprechen, wo die franz. Patrioten sich mit den Anstiftern treffen würden,
die Anstifter der Drangsale, unter denen die Welt heute leidet. Eine Gruppe
von Sozialisten der Kammer hat eine Kundgebung an die russ. Sozialisten
gerichtet, der wir uns im vaterländischen Interesse nur anschließen können;
sie warnte vor einem Waffenstillstand und einem Sonderfrieden. Trotzki
hat auf diese Kundgebung erwidert mit einem Brief voller Beleidigungen
gegen die hervorragendsten Mitglieder der franz. Sozialistenpartei, Guesde,
Sembat, Thomas, Vandervelde und gegen die geachtetsten Mitglieder der
Kadettenpartei, die weiter unsere Freunde sind und die als internationale
Raubritter beschimpft werden. Dieser Brief (s. Gesch Kal. 1917 Tl. 2 S. 788)
ist voll Verachtung für die Sozialisten von der Farbe Kerenskis, die als „Ver-
söhnungssozialisten“ bezeichnet werden. Was die Intervention der soz. Gruppe
der franz. Kammer anbetrifft, so erklärte Trotzki, daß die Gruppe völlig ver-
antwortlich für ihre Erniedrigung sei. „Wir hoffen", schloß Trotzki, „auf
einen allgemeinen demokratischen Frieden. Wir können ihn nur erhalten
durch einen heldenhaften Ansturm des Arbeiterproletariats in allen Ländern.
Gegenüber der nationalen Bourgeoisie schließt der Burgfrieden die Mög-
lichkeit eines solchen Kampfes aus und bindet dem Proletariat Hände und
Füße im Dienste der Bourgeoisie.“ In einem anderen Brief, den Trotzki in
der Stunde schrieb, als er Frankreich verließ, und der gerichtet ist an einen
Mann, dessen unbengsame Vaterlandsliebe ich hochschätze, nämlich Jules