248 Eraukrtith. (Febr. 17. — 18.)
soz. Minderheitsorganisation zusammen.) Die Tagung der Gesamt-
partei wird durch Reden Vanderveldes, Hendersons, Macdonalds und
Huysmans“ eröffnet, die sich bemühen, die Mehrheit und Minderheit der
franz. Soz. auf eine gemeinsame Friedensformel zu einigen, die den Erfolg
des Londoner Sozialistentages sichern würde. Vandervelde sagt, was
heute zur gemeinsamen Auffassung der Arbeiterklassen aller Länder gehöre,
sei das Bewußtsein, daß das fürchterliche Morden durch eine rein militärische
Entscheidung nicht beendet werden könne. Die Arbeiter erwarteten also das
Ende weniger von den Regierungen als von sich selbst. Die Gefahr bestehe
nur darin, daß diese Gesinnung in den Demokratien des Verbandes stärker
zum Ausdruck komme als in den imperialistischen Ländern der Mittelmächte.
— Henderson sagt, heute sei es weniger am Platze, die alten Fragen
nach der Schuld am Kriege aufzuwerfen, als der Wahrheit ganz nüchtern
ins Auge zu sehen und sich zu fragen, auf welchem Wege der Schrecken
zu Ende gehen könne. Drei Lösungen seien möglich: 1. ein vernichtender
Sieg einer Partei; das erscheine immer unwahrscheinlicher, würde übrigens
bei den Unterlegenen eine Erbitterung hinterlassen, die den Keim zu neuen
Kriegen bilden müßte; 2. der Vernichtungskrieg, der mit allgemeiner Er-
schöpfung enden müßte; diese schlimmste aller Lösungen sei nicht aus zudenken;
3. der Verständigungsfriede, wie er in der Denukschrift der engl. Soz. v.
28. Dez. 1917 (s. Gesch Kal. 1917 Tl. 2 S. 375 f.) umrissen sei. Es sei die
Aufgabe der Pariser Konferenz, die Einigung auf dem Boden dieser Denk-
schrift herzustellen. Was Elsaß-Lothringen betreffe, so richte sich der engl.
Sozialismus nach den Forderungen der franz. Genossen.
Kennzeichnend für das Anwachsen der Minderheitssoz. ist die Tatsache,
daß der Antrag der Mehrheit, die Feststellung der Schlußtagesordnung
einem Ausschusse zur freien Entscheidung zu überlassen, 1500 Stimmen er-
hält, während der Antrag der Minderheit, den Ausschuß nur zur Fest-
stellung des außenpolitischen Programms zu bevollmächtigen, 1337 Stimmen
und der Antrag der Zimmerwalder, von der Einsetzung des Redaktions-
ausschusses abzusehen, 141 Stimmen erhält. Die Mehrheit verfügt also nur
über eine Mehrheit von 22 Stimmen. (Beim letzten Landeskongreß betrug
die Mehrheit der Regierungssoz. noch 800 St.) Infolgedessen besteht der
Ausschuß, der 10 Mitglieder enthält, aus 5 Regierungssoz., 4 Vertretern der
Minderheit und einem Kienthaler.
Am 18. wird die von dem Ausschusse ausgearbeitete Entschließung
mit 2618 gegen 218 Stimmen, die auf den Antrag des Minderheitsvertreters
Loriot entfallen, bei 108 Enthaltungen angenommen. Wie „Havas“ mit-
teilt, genehmigt die Entschließung bezüglich eines internat. Vorgehens der
Partei in allgemeinen Zügen und als Tagesordnung der interalliierten
sozialistischen Konferenz das von der brit. Abteilung ausgearbeitete Memo-
randum (s. o.). Die franz. soz. Partei ist entschlossen, unter allen soz.
Arbeiterorganisationen der alliierten Länder ein Einvernehmen zu erstreben,
das allein geeignet wäre, den von der brit. Abteilung ebenso wie von der
franz. Abteilung zum Ausdruck gebrachten Willen in die Tat umzusetzen,
so rasch als möglich auf verläßlichen Grundlagen und mit den wünschens-
werten Garantien eine internat. Konferenz vorzubereiten und abzuhalten.
Die Partei nimmt die Erklärungen Vanderveldes und Huysmans“ zur
Kenntnis, worin bestätigt wird, daß das Internat. Soz. Bureau unmittelbar
darangeht, eine internat. Versammlung vorzubereiten. Was die Kolonien
betrifft, so verurteilt die Entschließung die Kolonialpolitik der kapitalistischen
Regierungen. Sie verlangt für die Eingeborenen wirksamen Schutz gegen
die Auswüchse des kapitalistischen Kolonialsystems, Selbstverwaltung jener
Bevölkerungen, die eine gewisse Zivilisation erreicht haben, und erklärt