262 Krankreich. (Juni 14. 19.)
Ministerpräsident Clemenceau erklärt, er könne die Interpellationen
über die militärische Lage nicht beantworten. Er habe sich (am Vortage)
vor der Armeekommission ausgesprochen, mehr könne er in öffentlicher Sitzung
nicht sagen. Er widersetze sich auch dem (von den Soz.) eingebrachten An-
trag, daß sich die Kammer als geheimes Komitee konstituieren solle, da das
Land das Recht auf Aufklärung habe, nicht nur ein kleiner Kreis von
Politikern, die die Tatsachen zu politischen Neben zwecken ausbeuten könnten.
(Diese Aeußerung ruft auf der Linken die heftigsten Unterbrechungen hervor,
so daß Cl. seine Rede abbrechen muß.)
Abg. Cach in (Soz.) verwahrt sich gegen jeden Gedanken einer Feind-
seligkeit gegenüber der Regierung; es handle sich nur um das Wohl des
Vaterlandes.
Clemenceau erwidert, es sei ihm unmöglich, am Ende des sechsten
Schlachttages sich über die militärische Lage zu äußern. Eine Untersuchung
über die Verantwortlichkeiten (wegen der jüngsten Mißerfolge) sei im Zuge.
Er werde nicht so feige sein, gegen Heerführer vorzugehen, die sich um das
Vaterland verdient gemacht haben. Cl. verweist auf den Abfall Rußlands,
der den Deutschen erlaubte, 200 Divisionen gegen die Alliierten im Westen
zu werfen. Der Augenblick sei furchtbar, aber der Mut und das Heldentum
der Soldaten seien der Lage gewachsen. Unsere Soldaten, ruft Cl. aus, haben
sich einer gegen fünf geschlagen. (Die Kammer bringt der Armee eine Hul-
digung dar.) Cl. zollt sodann den Heerführern, namentlich Foch und Pétain,
Anerkennung, Foch habe das Vertrauen der Verbündeten. Die Deutschen,
führt Cl. weiter aus, haben sich von neuem in ein Abenteuer gestürzt. Wir
weichen zurück, zugegeben, aber wir werden uns niemals ergeben. Wenn
wir entschlossen sind, bis zum Ende zu gehen, dann ist der Sieg unser. Die
Taktik der Deutschen sucht uns zu terrorisieren, es wird ihnen nicht gelingen.
Die Amerikaner kommen. Die franz. und engl. Bestände erschöpfen sich,
wie übrigens auch die der Deutschen. Die Partie geht jetzt um die Mit-
wirkung der Amerikaner. Unsere Verbündeten sind entschlossen, den Krieg
bis zum Ende fortzuführen. Der Sieg ist unser, wenn die Regierungen und
die Bevölkerung auf der Höhe der Situation sind. Wenn ich meine Pflicht
nicht erfüllt habe, dann jagen Sie mich von diesem Platze! Habe ich aber
Ihr Vertrauen, dann lassen Sie mich das Werk der Toten zu Ende führen!
Unter Ablehnung des Antrages, daß die Erörterung der Interpellationen über
die militärische Lage in vierzehn Tagen stattfinden soll, stellt Clemenceau
die Vertrauensfrage.
Schließlich wird die Vertagung der Interpellationsdebatte auf un-
bestimmte Zeit gemäß dem Wunsche der Regierung mit 377 gegen 110
(85 Soz., 19 Rad., 6 Ref.-Soz.) Stimmen beschlossen. 17 Abg. enthalten
sich der Abstimmung, 45 fehlen.
14. Juni. (Senat.) Der Staatshaushaltsplan 1918 (s. S. 253)
wird einstimmig angenommen.
14. Juni. Wechsel des Kommandanten von Paris.
General Guillaumat, Oberbefehlshaber der Orientarmee, wird an
Stelle des Generals Dubail zum Militärgouverneur und Oberbefehlshaber
der Armeen von Paris ernannt. Nach dem „Progres de Lyon“ ist General
Dubail des Pariser Kommandos enthoben worden, weil er bei dem Schutze
der Stadt nicht die Tatkraft Gallienis im Jahre 1914 entwickelt habe.
General Franchet d’Esperey wird an Stelle des Generals Guillaumat
mit dem Oberbefehl über die Orientarmee betraut.
19. Juni. Franz.-amerik. Generalkommissariat.