Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierunddreißigster Jahrgang. 1918. Zweiter Teil. (59b)

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ralliieren, Erfolg haben wird oder nicht, steht dahin. Gott ist mein Zeuge, 
daß wir alles versucht haben, was möglich war, um die neue Offensive zu 
vermeiden. Die Entente hat es nicht gewollt. Clemenceau hat einige 
Zeit vor Beginn der Westoffensive bei mir angefragt, ob ich zu Ver- 
handlungen bereit sei und auf welcher Basis. Ich habe sofort im Einver- 
nehmen mit Berlin geantwortet, daß ich hierzu bereit sei und gegenüber 
Frankreich kein Friedenshindernis erblicken könne als den Wunsch Frank- 
reichs nach Elsaß-Lorhringen. Es wurde aus Paris erwidert, auf dieser 
Basis sei nicht zu verhandeln. Daraufhin gab es keine Wahl mehr. Das 
gewaltige Ringen im Westen ist bereits entbrannt. Oesterr.-ung. und deutsche 
Truppen kämpfen Schulter an Schulter, wie sie zusammen in Rußland, 
in Serbien, in Rumänien und in Italien gekämpft haben. Wir kämpfen 
vereint zur Verteidigung Oesterreich-Ungarns und Deutschlands. Unsere 
Armeen werden der Entente beweisen, daß die franz. und ital. Aspirationen 
auf unsere Gebiete Utopien sind, die sich furchtbar rächen werden. Die Er- 
klärung aber für dieses an Wahnsinn grenzende Vorgehen der Ententemächte 
liegt zum großen Teil in gewissen Vorgängen in unserem Hinterland, auf 
welche ich noch zurückkommen werde. Was immer auch komme — wir 
geben Deutschlands Interesse nicht preis, wie es uns nicht im Stiche lassen 
wird. Die Treue an der Donau ist nicht geringer als die deutsche Treue. 
Wir kämpfen nicht für imperialistische, annexionistische Ziele, weder für 
eigene noch für deutsche — wohl aber werden wir gemeinsam bis zum 
Schlusse gehen für unsere Verteidigung, für unser staatliches Leben und. 
für unsere Zukunft. 
Durch die Friedensverhandlungen mit Rußland wurde die erste 
Bresche in den Kriegswillen unserer Feinde geschlagen. Es war der Durch- 
bruch des Friedensgedankens. Es ist der Beweis eines kindischen Dilettantismus, 
zu übersehen, in welch engem inneren Kontakt die verschiedenen Friedens- 
schlüsse miteinander stehen. Die Konstellation der uns feindlichen Ostmächte 
glich einem Netz; mit dem Durchschneiden einer Masche lösten sich die 
anderen von selbst. Wir haben vorerst die im Inneren Rußlands voll- 
zogene Trennung der Ukraine vom russ. Reich international anerkannt und 
die daraus entstandene günstige Situation für unsere Zwecke ausgenützt, 
indem wir mit der Ukraine den von ihr angestrebten Frieden schlossen. 
Dies führte den Frieden mit Petersburg herbei, wodurch Rumänien derart 
isoliert wurde, daß es gleichfalls den Frieden schließen mußte. So zog ein 
Friede den anderen nach sich und brachte den gewollten Erfolg der Beendi- 
gung des Krieges im Osten. Mit der Ukraine mußten wir beginnen aus 
technischen und materiellen Gründen. Die Blockade mußte durchbrochen 
werden, und die Zukunft wird beweisen, daß der ukrainische Friedensschluß 
ein Stoß ins Herz unserer noch erübrigenden Feinde war. 
Mit Rumänien ist ein Friede geschlossen worden, welcher den Aus- 
gangspunkt freundnachbarlicher Beziehungen bilden dürfte. Die geringfügigen. 
Grenzrektifikationen, die wir erhalten, sind keine Annexionen. Fast un- 
bewohntes Gebiet, dienen sie ausschließlich militärischen Sicherungszwecken. 
Jenen aber, welche darauf beharren wollen, daß diese Rektifikationen unter 
den Begriff von Annexionen fallen und die mir Inkonsequenz vorwerfen, kann 
ich nur antworten, daß ich mich unzähligemal und in den beiden De- 
legationen öffentlich dagegen verwahrt habe, unseren Gegnern einen Freibrief 
auszustellen, welcher dieselben gegen die Gefahren weiterer kriegerischer 
Abenteuer assekurieren würde. Es ist nicht meine Schuld, daß sich Rumänien 
nicht gleichzeitig mit Rußland an den Friedenstisch gesetzt hat. Von Ruß- 
land habe ich keinen Quadratmeter verlangt, und Rumänien hat die gün- 
stige Konstellation versäumt. Ich will in einem Moment, wo wir mit Er- 
 
	        
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