266 Krankreich. (Juli 16. — Aug. 6.)
publik eine Cholera nannten, die an dem unglücklichen Verlauf des Krieges
schuld sei.
Am 20. wird als erster Zeuge Leon Daudet vernommen. Er wieder-
holt die Beschuldigung des Einverständnisses Malvys mit der Bande vom
„Bonnet Rouge“, die die Meutereien in der Armee genährt habe. D. gibt
seiner festen Ueberzeugung Ausdruck, daß Malvy Verrat begangen habe. —
Hierauf macht der ehem. Ministerpräsident Painlevé seine Aussage, der
den Beweis für die vollkommene Grundlosigkeit der Anklage antritt. Der
Mißerfolg der Apriloffensive 1917 sei darauf zurückuführen, daß die Deutschen,
monatelang vor dem Eintritt Maloys in das Kriegskomitee, genau über den
Angriff unterrichtet waren. Der damalige Mißerfolg habe Meutereien her-
vorgerufen, so daß Petain die Erlaubnis zur Errichtung von Standgerichten
verlangte. Painlevé und Malvy hätten ihre Zustimmung hierfür gegeben.
Am 29. äußern sich auch die ehem. Ministerpräsidenten Viviani, Briand
und Ribot, unter denen Malvy Minister des Innern war, durchaus
günstig über M., der stets seine patriotische Pflicht völlig erfüllt habe.
Unter den übrigen Zeugenaussagen verdient die Aussage von Jouhaux,
dem Generalsekretär der Confödération générale du travail, Erwähnung,
der erklärt, daß die von M. der Arbeiterklasse gegenüber verfolgte Politik
die einzig mögliche gewesen sei. Wenn die Arbeiterklasse niemals die Ordnung
und Ruhe gestört habe, so sei das der wohlwollenden Haltung M.s und der
Regierung, der er angehörte, zu verdanken. Ebenso äußern sich die ehem.
soz. Minister Sembat, Thomas, Guesde.
Am 2. Aug. erklärt Generalstaatsanwalt Mérillon in seinem Schluß-
worte, Malvy sei kein Verräter, wie es Daudet behauptet habe. Tatsächlich
habe er nicht die Absicht gehabt, das Land zu verraten. Er wolle Malvy
nicht mit Bolo (s. S. 246) oder Duval (s. S. 260) vergleichen und werde
demnach die Anklage auf Landesverrat vollständig fallen lassen, aber für
ihn sei Malvy für die militärischen Meutereien verantwortlich, und als
Mitschuldiger müsse er bestraft werden. M. sucht diese Mitschuld nachzuweisen
und legte dar, daß die wahre Ursache der Mentereien die Friedenspropaganda
war. Wenn man die vom Minister hierbei gewährte Hilfe feststelle, werde
auch seine Mitschuld anerkannt werden müssen. M. vertritt weiter die An-
sicht, daß die Straffälligkeit Malvys hinsichtlich des Schecks Duval außer
Zweifel stehe, und erklärt, er erblicke einen Zusammenhang zwischen den
Angelegenheiten Caillaux und Malvy, da letzterer das Ziel verfolgt zu haben
scheine, Caillaux aus seinen Verlegenheiten zu befreien. Andererseits sei es
unleugbar, daß Malvy Almereyda und dessen Blatte „Bonnet Rouge"“ Unter-
stützung gewährt habe. Er müsse daher als Mitschuldiger festgehalten werden.
Am Ende seines Schlußwortes verlangt M. (am 3.) die Verurteilung Malvys,
da es erwiesen sei, daß er seine Pflicht nicht erfüllt habe.
In der Nachmittagssitzung kommt der Verteidiger Bourdillon zum
Worte, der ausführt, das einzige Argument, das vom Generalprokurator
vorgebracht wurde, sei Nachlässigkeit in der Verhinderung der pazifistischen
Propaganda. Maloyy habe stets erklärt, er sei ein Gegner von Verfolgungen
der Arbeiterorganisationen. Der Gerichtshof werde zu urteilen haben, ob
diese Politik weise oder unvernünftig war, man könne sie aber nicht wie
der Generalprokurator als verbrecherisch bezeichnen. Malvy habe gegen-
über den anarchistischen Organisationen seine Pflicht vollständig erfüllt.
Zahlreiche Verordnungen bewiesen, daß er stets Instruktion gab, ihre Flug-
schriften zu beschlagnahmen und die Verfasser zu bestrafen. Wenn ein
Minister es bisweilen vorziehe, zu verhandeln, statt zu strafen, sei diese
Art der Lösung nicht mehr wert als die Anwendung von Gewalt? Bezüg-
lich der These einer Mithilfe insbesondere im Falle Almereyda käme nach