Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierunddreißigster Jahrgang. 1918. Zweiter Teil. (59b)

268 krankreich. (Juli 17.—20.) 
einen Schlag versetzt, dessen Urheber die Berantwortung hierfür zu tragen 
hätten. 
Malovy selbst richtet an den Kammerpräsidenten Deschanel einen 
Protestbrief gegen das Urteil (gegen das eine Berufung gesetzlich nicht 
möglich ist), in welchem er sagt, das Urteil verletze die Verfassung, die 
Gesetze und das heilige Recht der Verteidigung. In dem Wunsche, in der 
ernsten Siunde, in welcher sich das Schicksal des Landes entscheide, eine 
Ablenkung seiner Anstrengungen durch eine Agitation zu vermeiden, gehorche 
er dem Urteil, das ihn schwer treffe, aber er werde niemals das politische 
Urteil annehmen, das seine Politik träfe. M. schließt, indem er an alle 
Gleichgesinnten einen Aufruf richtet, sie möchten auch fernerhin wie bisher 
ihr Bestes und sich selbst der nationalen Verteidigung und dem Siege 
Frankreichs widmen, der der Sieg des Rechts und der Unabhängigkeit der 
Völker sein müsse, die ihre erste Sorge bleiben solle. Mit ihm würde die 
Stunde der Vergeltung, der Gerechtigkeit und der Demokratie schlagen. 
17. Juli. (Monako.) Vertrag zwischen der franz. Regierung und 
M. über die Beziehungen zwischen dem Fürstentum und Frankreich. 
17. Juli. (Paris.) Der Hauptangeklagte des „Bonnet Rouge"- 
Prozesses Duval (s. S. 260) wird hingerichtet. 
18.—20. Juli. (Paris.) 13.Nationalkongreß der franz. Gewerk- 
schaftsverbände (Confédération générale du travail). 
Es kommt dabei zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen der Mehr- 
heit und der Minderheit. Froissard (Minderheit) erklärt (am 19.) u. a.: 
Der allgemeine Arbeitsverband hat bezüglich der Verantwortlichkeiten für den 
Krieg die These der Regierung angenommen. Das ist der schwerste Vor- 
wurf, den ich der Majorität des Verbandes machen kann. Ich gebe zu, daß 
die unmittelbaren Verantwortlichkeiten zu einem großen Teil auf die Mittel- 
mächte fallen, aber die anderen, die entfernteren, die vor dem Ausbruch des 
Konfliktes bekannt waren, fallen allen Regierungen zur Last. Ihr waret 
bis zu Clermont-Ferrand (s. GeschKal. 1917 Tl. 2 S. 484) gegen die Inter- 
nationale. Heute wollen wir alle die Internationale. Wenn die Stockholmer 
Konferenz nicht stattgefunden hat, so ist das darauf zurückzuführen, daß der 
allgemeine Arbeitsverband nicht die nötigen Anstrengungen gemacht hat und 
diese Anstrengungen sind nicht gemacht worden, weil er mit der Regierung ver- 
bunden war. Die Pässe werden von neuem verlangt werden. Wir müssen der 
Regierung sagen: Wir wollen die Pässe, und wenn Ihr sie uns nicht gebt, so 
geht Ihr Krisen entgegen, für die Ihr die ganze Verantwortung zu tragen haben 
werdet. — Dumoulin, der Sekretär des Arbeitsverbandes, führt aus: Die 
Mehrheit hat, um ihren Umschwung v. Aug. 1914 zu erklären, behauptet, daß 
sie vom Krieg überrascht worden sei. Dieser Krieg war jedoch vorauszusehen. 
Die Wahrheit ist, daß man am 1. Aug. die Haut gewechselt hat. Am 31. Juli, 
vor der Ermordung Jaures' und vor der Mobilisierung, hatte man die 
Regierung noch für verantwortlich gehalten, und am 1. Aug. hat man die 
Partei mit dieser Regierung verbunden. Es wurde damals ein formeller 
Pakt geschlossen, den die Majorität des Verbandes sich seit vier Jahren 
bemüht hat, zum größten Schaden der Arbeiterbewegung zu achten. Die 
Mitglieder der Mehrheit behaupten, daß sie stets Anhänger der Inter- 
nationale gewesen seien. Nun, sie haben weder der Einladung zu der Konferenz 
in Kopenhagen Folge geleistet noch sind sie nach Zimmerwald gegangen. 
Die Zimmerwalder Konferenz war zweifellos mehr ein Symbol als ein 
Akt, aber gerade dieser Symbolismus war zu der Zeit von großer Be-
	        
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