frankreich. (Sept. 19. 20.) 275
päischen Gleichgewichts. In Bezug auf die Marinekonvention wurde ohne
ausdrückliche Anerkennung ihrer Existenz geantwortet, daß gewisse neue
Probleme, die sich der Aufmerksamkeit der europäischen Regierungen auf-
zwingen, auch strategische Wirkungen haben, mit denen sich die Generalstäbe
der verbündeten Armeen und Flotten notwendigerweise zu beschäftigen haben."“
(Weitere Mitteilungen aus dem „Gelbbuch“ s. in der „Voss. Ztg.“ 1918,
Nr. 485, 486.)
Der (linkssoz.) „Populaire“ unterzieht das „Gelbbuch“ einer scharfen
Kritik. Es bilde in keiner Weise eine Antwort auf die Enthüllungen der
russ. Sowjetregierung. Alles belastende Material sei sorgfältig ausgelassen
worden, und nur Dokumente bis zum Aug. 1912 veröffentlicht. Nirgends
zeige sich eine Andeutung über russ. Ansprüche auf Konstantinopel. Ein
Abgrund trenne die Politik von 1891 und die von 1915.
19. Sept. (Kammer.) 4. Kriegsanleihe (Freiheitsanleihe).
Bei der Beratung des Gesetzentwurfs betr. die vierte franz. Kriegs-
anleihe gibt vor allem die Bestimmung, daß die russischen Anleihe-
scheine als Zahlungsmittel zugelassen sein sollen, Anlaß zu einer Diskussion.
Die Sozialisten Bon und Montet bekämpfen diese Bestimmung, die darauf
hinauslaufe, die Ansprüche der franz. Kapitalisten gegenüber Rußland auf
den franz. Staat abzuwälzen. Die soz. Partei habe seit 1907 die Gefahr
der russ. Anleihen betont. Aus den Erklärungen des Finanzministers Klotz
geht hervor, daß die Großbanken sich verpflichtet haben, den Inhabern
russischer Anleihen Vorschüsse für die Zeichnungen zu gewähren. Der
Minister weist ferner darauf hin, daß es in Frankreich 1 800 000 In-
haber solcher kassierter Russenanleihen gebe, ihnen müsse man zu Hilfe
kommen. Abg. Raffin-Dugens (Soz.) ruft dazwischen: Rußland hat
uns in den Krieg hineingezogen!, worauf der Präsident sagt: Vergessen
Sie nicht, daß Deutschland den Angriff vierzig Jahre lang vorbereitete.
Darauf Raffin-Dugens: Aber Rußland gab ihm die Möglichkeit, so zu tun,
als ob es sich bedroht glaube. Deutschland hatte jedenfalls nicht das Zaren-
regime, das unsere Regierungen unterstützten, und der Kaiser hatte keine
sibirischen Gefängnisse. Hier fällt wieder der Präsident ein mit dem Wort,
der Kaiser habe sein Gefängnis an Elsaß-Lothringen. — Schließlich wird
der erste Antrag Bon, den betreffenden Artikel überhaupt zu streichen, mit
380 gegen 5 Stimmen abgelehnt. Der zweite Antrag Bon, nur kleinere
Beträge in Zahlung zu nehmen, wird mit 369 gegen 101 Stimmen ver-
worfen. Sodann wird die Anleihe mit 582 gegen 6 Stimmen (der Kien-
thaler) bewilligt.
Die Anleihe, deren Höhe nicht begrenzt ist, ist 4 prozentig, steuerfrei
und während 25 Jahren nicht konvertierbar. Die erste franz. Kriegsanleihe
war im Nov. und Dez. 1915 als „Siegesanleihe“ aufgelegt worden. Sie
wurde mit 5 Proz. Zinsen ausgestattet und zu 88 Proz. emittiert. Die zweite,
vom Okt. 1916, kam zu netto 87½ Proz. heraus. Die dritte, die im Nov.
und Dez. 1917 ausgegeben wurde, war 4 proz. und wurde zu 68,60 Proz.
aufgelegt. Die Zeichnungen auf die erste betrugen 13 475 Mill., diejenigen
auf die zweite 11 353 Mill. und die auf die dritte 14759 Mill. Fr., Summen,
die aber nur zum Teil in bar eingingen, zum großen Teil vielmehr in
Gestalt älterer Anleihetitres oder Kriegsschatzwechsel und Kriegsobligationen
(Nationalverteidigungsbonds). — S auch 3. Dez.
Am gleichen Tage nimmt auch der Senat den Anleiheentwurf an.
20. Sept. (Kammer.) Kriegskreditvorlage.
Die Kammer bewilligt mit 467 gegen 4 Stimmen (der Kienthaler Soz.)
Kredite im Betrage von 12200 Mill. Fr. für militärische und außerordent-
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