276 frankreich. (Sept. 23. 26.)
liche zivile Ausgaben im letzten Vierteljahr 1918. In der kurzen Debatte
erklärt Abg. Brizon (Kienth. Soz.): Warum soll ich die 12 Milliarden be-
willigen? Um den Krieg zu führen, da wir den Sieg durch den Frieden
haben können? Man muß, sagt man uns, die Zerstörungen und die Toten
rächen. Aus Rache aber andere Zerstörungen hervorrufen, das ist eine hirn-
lose Politik, und neue Tote zu begraben, um die eignen zu rächen, das ist
eine herzlose Politik. Man hat uns Vorschläge gemacht. Ich sage durchaus
nicht, daß man sich auf die Knie werfen soll, aber man könnte unsere
Feinde fragen, welchen Frieden sie wollen, statt mit Trommelwirbel zu
antworten. Wir werden die Kriegskredite nicht bewilligen, weil ihr keine
nationalfranzösische Politik treibt, weil ihr den Krieg verlängert, während
wir sofort einen Frieden ohne Annexionen haben könnten. — Abg. Mayéras
(Soz.) erklärt, für die Ausgaben zu stimmen, sich jedoch die Ueberwachung
der Ausgaben vorzubehalten, um zu verhindern, daß Frankreich zu einer
imperialistischen Eroberungspolitik fortgerissen werde.
Die gesamten Kriegsausgaben Frankreichs v. 1. Aug. 1914 bis 31. Dez.
1918 belaufen sich auf 117 Milliarden Fr., wozu noch die auf 8 Milliarden
angewachsenen fortlaufenden Ausgaben für Pensionen und Entschädigungen
kommen.
23. Sept. Ausschluß Hervés aus der soz. Partei.
Der Schiedsgerichtsausschuß der Sozialistenpartei beschließt mit vier
gegen drei Stimmen den Ausschluß Hervés, des Chefredakteurs der „Victoire“,
aus der Partei. — Der „Vorwärts“ bemerkt dazu: Hervés Anschluß an die
chauvinistischen Kriegsschreier machte die jetzt getroffene Entscheidung längst
zu einer Notwendigkeit.
26. Sept. Staatshaushaltsvoranschlag für 1919.
Nach dem „Temps“ belaufen sich die für den Staatshaushalt vor-
gesehenen Ausgaben für 1919 (mit Ausschluß der Heeresausgaben) auf
8926534390 Fr., d. h. auf 965 248199 Fr. mehr als im Jahre 1918. In
Wirklichkeit erhöhen sich die Mehrausgaben sogar um 1042902534 Fr., da
gewisse Ausgaben, die 1918 unter den gewöhnlichen aufgeführt wurden, im
nächsten Jahre unter die außergewöhnlichen gerechnet werden. Der Staats-
schuldendienst beansprucht allein 713598 540 Fr. mehr, und 329 303994 Fr.
mehr werden von den übrigen Verwaltungszweigen infolge der Preis-
steigerung erfordert. Von den neuen Steuern wird eine Einnahme von
735.565 300 Fr. erwartet. Die Gesamteinnahmen werden auf 8931825 185 Fr.
(gegen 1918 mehr: 922392732 Fr.) veranschlagt, so daß sich ein Ueberschuß
der Einnahmen von 5290855 Fr. ergeben würde.
26. Sept. (Paris.) Bildung einer prov. tschecho-slowak. National-
regierung.
„Havas“ veröffentlicht darüber am 21. Okt. folgende Erklärung: Der
Minister der ausw. Angelegenheiten der prov. Regierung des Landes der
Tschecho-Slowaken, Dr. Benesch richtete am 14. Okt. ein Schreiben an Pichon,
worin er diesen daran erinnert, daß die Erklärung der Ver. Staaten vom
3. Sept. 1918 (s. Ver. St.) den Nationalrat der Tschecho-Slowaken mit dem
Sitz in Paris als Regierung der Tschecho-Slowaken tatsächlich anerkannt
habe. Die Anerkennung sei durch England am 3. Sept., durch Frankreich
am 28. Sept. und durch Italien am 3. Okt. bestätigt worden. Angesichts
dessen, fügte Benesch hinzu, hat sich die Regierung der Tschecho-Slowaken
am 26. Sept. mit dem Sitz in Paris konstituiert. Masaryk wurde zum Prä-
sidenten der prov. Regierung und Finanzminister ernannt, Benesch zum
Minister der ausw. Angelegenheiten und des Innern, Stefanik zum Kriegs-