Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierunddreißigster Jahrgang. 1918. Zweiter Teil. (59b)

krankreich. (Okt. 12.—15.) 281 
an den Präsidenten Wilson (s. o.) und billigt die Antwort, die Lansing im 
Namen des Präsidenten (s. Ver. St. 8. Okt.) auf die Note des deutschen 
Kanzlers erteilte. Die Partei stellt mit Befriedigung diese erste ernsthafte 
Anwendung positiver öffentlicher Diplomatie fest. Sie stellt weiter fest, daß 
nun eine Tür für Verhandlungen zwischen den Kriegführenden betr. einen 
Frieden des Rechts offen sei. Außerdem billigt sie die diplom. und mili- 
tärischen Garantien, die von Wilson als Bedingung für einen Waffenstill- 
stand gefordert wurden. Die Motion wird einstimmig angenommen gegen 
die Stimmen der Kienthaler, die einen bedingungslosen Waffenstillstand 
verlangen. 
In den Verwaltungsausschuß der Partei werden 10 Regierungssoz., 
12 Vertreter der Gruppe Longuet und 2 Kienthaler gewählt. Zum Partei- 
sekretär wird an Stelle von Dubreuil Frossard (Anhänger Longuets), zum 
Redakteur der „Humanité“ Cachin mit 1510 Stimmen gewählt. Der bish. 
Redakteur Renaudel, der infolge der Niederlage seiner Gruppe zurückgetreten 
ist, erhält 1355 Stimmen. 
12. Okt. Die Regierung beschließt die Schaffung eines General= 
kommissariats der schwarzen Truppen. 
Die Leitung wird dem Abg. für Senegambien Diagne anvertraut. 
14. Okt. Abbruch der Beziehungen zu Finnland. 
„Havas“ veröffentlicht eine Note, die besagt, daß Frankreich die diplom. 
Beziehungen mit der finnländ. Regierung abbricht, da Finnland an Stelle 
der Republik ungesetzlicherweise die Monarchie beschlossen und zum Mon- 
archen einen deutschen Prinzen gewählt habe. Die franz. Regierung lasse in 
Helsingfors nur einen Agenten mit konsularischer Vollmacht zur Wahr- 
nehmung der franz. Interessen und zum Schutze der franz. Landsleute. 
(Ueber die Antwortnote Finnlands s. Finnland, 14. Okt.) 
15. Okt. (Senat.) Deutsche Zerstörungen in Nordfrankreich. 
Senator Couyba ersucht im Namen des Ausschusses für Ausw. An- 
gelegenheiten, den Entwurf einer Entschließung über die vom Feinde be- 
gangenen Greueltaten anzunehmen. C. setzt auseinander, daß die Ver- 
nichtungswut des Feindes seit Aug. 1918 noch schlimmer geworden sei als 
vorher. Er sagt: Ohne irgendeine militärische Notwendigkeit hat der Feind 
Kirchen, Gehöfte, Dörfer und Städte verbrannt, und hinter sich eine 
Trümmerwildnis gelassen, nachdem er alles geraubt hatte, was zu rauben 
war. Der Feind hat einzig und allein zerstört, um zu zerstören. Aus Ge- 
fangenenaussagen und beschlagnahmten Schriftstücken geht hervor, daß diese 
Zerstörungen von der deutschen Heeresleitung ins Werk gesetzt wurden. Ein 
Befehl trägt die Adresse von Py, 10. deutsche Infanteriebrigade, und ordnet 
an, daß die künftigen Zerstörungen planmäßiger und weniger hastig aus- 
geführt werden sollen. Er weist ferner darauf hin, daß alle Truppen die 
Pflicht haben, ihr möglichstes zur Ausführung dieses Auftrages zu tun, 
und daß überall die Brunnen vergiftet werden sollen. C. führt noch 
ähnliche Schriftstücke an, die aufgefunden worden waren, und fordert 
zum Schluß die Annahme folgenden Antrags: „Der Senat bekräftigt seine 
frühern Entschließungen und ist entschlossen, den durch die glänzenden Siege 
der alliierten Heere befreiten Bevölkerungen die Wiedergutmachung der durch 
den Feind verübten Schäden, Verwüstungen und Völkerrechtsverletzungen 
zuzusichern, und billigt den Entschluß der Regierung, dem Feinde die nötigen 
Warnungen und Schadenersatzforderungen entgegenzusetzen. Er fordert die 
Regierung auf, sich zu diesem Zwecke weiter mit den verbündcten Regierungen 
ins Einverständnis zu setzen und die Untersuchungen fortzusetzen, um zur
	        
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