Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierunddreißigster Jahrgang. 1918. Zweiter Teil. (59b)

288 krantreich. (Nov. 26.—Dez. 4.) 
schaften zur Durchführung der Demobilisation und der Reorganisation der 
Friedensarbeit. 
26. Nov. Der Ministerrat beschließt die Umwandlung des Rüstungs- 
ministeriums in ein Ministerium für industriellen Wiederaufbau. 
Loucheur bleibt an der Spitze dieses Ministeriums. 
28. Nov. (Paris.) Ankunft des Königs von England. 
Er ist u. a. vom Prinzen von Wales begleitet. Abends findet im Elysése 
ein Festmahl statt, in dessen Verlauf Präsident Poincaré einen Trinkspruch 
ausbringt, der mit folgendem Satze beginnt: Am 21. April 1914 haben 
Ew. Maj., vom franz. Volke wie heute mit langhallendem Jubel begrüßt, 
in diesem selben Saale an die Abkommen erinnert, die zehn Jahre zuvor 
zwischen unseren beiden Ländern abgeschlossen wurden, und in Beantwortung 
der Segenswünsche, die ich im Namen Frankreichs an Sie richtete, beredt 
den friedlichen Charakter der Entente erläutert, die sich nach und nach aus 
diesen ersten Abmachungen entwickelt hatte und nunmehr zwei große freie 
Nationen zur Arbeit der Zivilisation und des Fortschritts verband. Be- 
züglich des Kriegsausbruches sagt P.: Bei dem ersten Windhauch des 
nahenden Sturmes, dessen Heftigkeit und Ausdehnung Frankreich vorherahnte, 
wandte sich dieses voll Vertrauen an England, und ich selbst habe geglaubt, 
unter Berufung auf die Noten, die 1912 zwischen unseren beiden Regierungen 
ausgetauscht wurden, an die Voraussicht und Weisheit Ew. Maj. appellieren 
zu können, um zu versuchen, gemeinsam die wachsende Gefahr zu beschwören. 
Unsere Anstrengungen waren vergebens. Während einiger banger Tage voll 
fiebernder Besorgnis haben England und Frankreich, eng miteinander ver- 
bunden, alles getan, um den Krieg zu vermeiden. Aber Deutschland war 
entschlossen, sein entsetzliches Vorhaben bis zu Ende durchzuführen. Nichts 
konnte es hiervon abbringen. (Zu diesen Mitteilungen s. die halbamtlichen 
Auslassungen der „Deutsch. Allg. Ztg.“ 1918 Nr. 642. 643.) 
König Georg dankt in seiner Antwort für den ihm zuteil gewordenen 
Empfang und sagt: Das französische und das britische Volk haben bei Ver- 
folgung des gemeinsamen Zieles einander wertschätzen und ihre gegenseitigen 
Ideale verstehen gelernt. Sie haben einen Herzensbund und eine Interessen- 
gemeinschaft geschaffen, die, wie ich hoffe, sich stets enger gestalten und zur 
Sicherung des Friedens und des Fortschrittes der Kultur wesentlich bei- 
tragen werden. 
3. Dez. Die Zeichnungen auf die Freiheitsanleihe ergaben einen 
Gesamtbetrag von 27750 Mill. Fr. 
4. Dez. (Els.-Lothr.) Begrüßung Poincarés. 
Der els.-lothr. Landtag richtet an den Präsidenten Poincaré 
folgendes Telegramm: Der auf Grund des allgemeinen Wahlrechts für 
Elsaß-Lothringen gewählte Landtag hat mit großer Genugtuung erfahren, 
daß der Präsident der Republik den Frankreich durch die Tapferkeit der 
franz. und alliierten Truppen zurückgewonnenen Provinzen die Ehre seines 
Besuches erweisen wird. Der Landtag gibt Ihnen nun die Versicherung, 
daß die Begeisterung, mit der auf allen Punkten des Territoriums die 
siegreichen Truppen und ihre hervorragenden Führer bei der Besitzergreifung 
des heiligen, Frankreich vor 47 Jahren entrissenen Bodens empfangen wurden, 
wenn es überhaupt noch möglich ist, sich verstärken wird. Der Landtag 
schließt sich im voraus den Huldigungen an, die das Land dem wieder- 
gefundenen Vaterlande darbieten wird. 
Präsident Poincaré antwortet: Der im voraus von dem auf Grund
	        
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