304 Italien. (Febr. 12.—23.)
haben keine imperialistischen Ziele. Wir wollen nur gegenüber etwaigen Ver-
größerungen anderer als Ergebnis dieses Krieges, daß man das Gleich-
gewicht der Kräfte aufrechterhält. Was Albanien anbetrifft, so halten wir
seine Unabhängigkeit übereinstimmend mit den allgemeinen Grundsätzen der
Achtung vor den Nationalitäten und dem Selbstbestimmungsrecht der Völker
aufrecht. Aber das Schicksal Albaniens hat ein besonderes Interesse für
Italien und hängt eng zusammen mit der Adriafrage, die für Italien eine
Lebensfrage ist, ebenso wie unser direkter und sicherer Besitz von Valona
und seinem Gebiet. Also bezüglich Albaniens hat Italien keine anderen
Gesichtspunkte als seine Verteidigung gegen jede Unduldsamkeit oder einen
Angriff einer anderen Macht. S. kommt dann auf die Wiederaufnahme
amtlicher Beziehungen zu der maximalistischen Regierung zu sprechen
und erklärt: Es ist uns heute unmöglich, als gesetzlichen Vertreter Ruß-
lands eine Regierung anzuerkennen, die sich nur an der Macht hält durch
offenkundige Gewalt und die die Gesetzgebende Versammlung auflöst und
ihre meisten Mitglieder ins Gefängnis wirft, nur weil sie ihr nicht günstig
gesinnt ist, eine Regierung, welche die gemeinsame Sache verrät, indem sie
den Krieg aufgibt und die Demobilisation der Armee anordnet, und die
eine offene Propaganda gegen die alliierten Regierungen führt, um ihnen
die Annahme eines unmittelbaren Friedens, welcher Art er auch sei, auf-
zuzwingen. Was die separatistischen Bewegungen, die in Süd- und Mittel-
rußland und in Finnland sich zeigen, anbetrifft, so kann die ital. Regierung
unter den gegenwärtigen Umständen, wo in Rußland fremde und selbst
feindliche Kräfte ihr Werk treiben, nur eine unentschiedene Haltung ein-
nehmen. Wünschen wir, daß sich in Rußland künftig ein Zustand der Dinge
herstelle, der den vollen Respekt aller Nationalitäten, die notwendige Be-
dingung für die wahre Größe und den Fortschritt der russ. Nation selbst,
garantiert. Unterdessen haben Italien und seine Alliierten ausdrücklich er-
klärt, daß sie den von den angeblichen Vertretern der Ukraine abgeschlossenen
Frieden für null und nichtig ansehen und den Polen die Zusicherung gegeben,
daß über das Schicksal Polens nicht ohne ihre Intervention entschieden
werden soll, und zwar im Interesse der Einheit und Unabhängigkeit Polens.
Jede Hoffnung aber, Rußland militärisch sich wieder erheben zu sehen,
scheint man heute aufgeben zu müssen. S. erklärt jedoch, daß dadurch die
allgemeine militärische Lage der Alliierten nicht gefährdet sei, da der russ.
Faktor wirksam durch die Unterstützung Nordamerikas ersetzt werde.
Weiter geht S. auf das Friedensproblem ein, das sicherlich gegen-
wärtig die Hauptsorge der ganzen Welt bilde. Wir wünschen alle sehnlichst
den Frieden, einen Frieden, der in möglichst hohem Maße die Achtung vor dem
Prinzip der Nationalitäten, die Befriedigung der Ansprüche der Völker auf
Freiheit, Unabhängigkeit und Selbstverwaltung praktisch zum Ausdruck bringt
und schon in der Billigkeit seiner Bedingungen die Elemente seiner Dauer und
Sicherheit findet. Wir glauben, daß ein solcher Friede nur geschlossen werden
kann durch legitime Vertreter der beteiligten Bevölkerungen, ohne Unter-
schied von Partei, Klassen oder sozialen Umstände. Das beste Mittel, zu
einem gerechten und dauernden Frieden zu gelangen, besteht darin, sich
im Kriege stark zu zeigen, die Einigkeit mit den Alliierten zu verstärken,
das Vertrauen in uns selbst immer mehr zu kräftigen wie auch den Geist
der Solidarität im gegenwärtigen Moment, wo der Feind seine ganzen Pläne
aufbaut auf die Trennung unter seinen Gegnern und auf die Aussicht
unserer seelischen Ermattung. Wir treten in die kritische und entscheidende
Phase des gewaltigen Wettkampfes. Damit die Regierung ihre ganze
Kraft besitzt und das ganze Ansehen, das nötig ist zur Durchsahrung ihrer
schweren Aufgabe im Innern des Landes sowie in den Beratungen der