Stalien. (Sept. 28. Okt. 3.) 315
die für Italiens Sicherheit unumgänglich notwendig sind. Solange die
österr.-ung. Regierung nicht zeigt, daß auch sie diese besonderen Ziele an-
erkennt, ebenso wie die anderen allgemeinen und besonderen Ziele, für die
alle Alliierten vereint kämpfen, so lange wird Italien nicht vom Kampfe
ablassen, um die Menschheit zu einer besseren und gesicherteren Grundlage
zu führen durch einen dauerhaften Frieden, der auf Freiheit und Gerech-
tigkeit errichtet ist.
W. Sept. Anerkennung der Südslawen.
Die „Ag. Stef.“ meldet: In Uebereinstimmung mit einer im Minister-
rat gefaßten Entschließung hat die ital. Regierung die verbündeten Regie-
rungen benachrichtigt, daß sie die Bewegung der südslaw. Völker zur Er-
langung der Unabhängigkeit und ihrer Konstituierung in einem freien
Staate den Grundsätzen entsprechend anerkenne, für welche die Verbündeten
kämpfen, und als übereinstimmend mit dem Ziele eines gerechten und
dauerhaften Friedens.
Die Stellung Italiens zu dem künftigen Südslawenstaate
hat die ital. Oeffentlichkeit seit Wochen beschäftigt. Dabei traten zwei
Richtungen zutage. Während die offizielle Regierungspolitik daran festhielt,
daß die nationalen Ziele, deretwegen Italien in den Krieg eintrat, unter
allen Umständen erreicht und die Italien im Londoner Vortrage v. 26. April
1915 zugebilligten Gebietserwerbungen ungeschmälert verwirklicht werden
müßten, befürwortete die vom „Corriere della Sera“ vertretene Richtung
eine tatkräftige Unterstützung der Nationalitäten, die die Trennung von
Oesterreich anstreben, und die grundsätzliche Anerkennung eines selbständigen
südflawischen Staates, mit dem Italien sich nach der erfolgten Auflösung
Oesterreichs über die territorialen Fragen einigen solle. Die obige offizielle
Regierungserklärung bedeutet also eine wesentliche Abschwächung des bisher
von Sonnino vertretenen Standpunktes.
3. Okt. Offizielle Anerkennung des tschecho-slowak. Nationalrats
in Paris als Regierungsorgan (s. S. 276).
3. Okt. (Kammer.) Wiederbeginn der Sitzungen.
Die Tagung wird durch eine Rede des Ministerpräsidenten Orlando
eröffnet. Er spricht zunächst über das militärische Vorgehen des Verbandes,
bei dem der Sieg am Piave die Wendung im Weltkriege eingeleitet habe.
Die österr. Armee sei um ein Drittel stärker als die ital., aber Italien er-
warte mit Ungeduld und Vertrauen seine Stunde. Bei der Erörterung der
internationalen Lage weist O. auf die feierliche Anerkennung hin, durch die
die Unabhängigkeitsbestrebungen der unterdrückten Nationalitäten Oesterreich-
Ungarns von dem Verband als den allgemeinen Grundsätzen der Freiheit
und der Gerechtigkeit entsprechend gebilligt wurden, und fährt fort: Schon
seit dem 21. April 1918 hat unsere Regierung mit dem tschecho-slowak.
Nationalausschuß ein Abkommen geschlossen, um eine Legion aufzustellen.
Das ist gleichbedeutend mit der Anerkennung einer tatsächlichen Regierung.
Seitdem sind unsere Beziehungen zu diesem heldenmütigen Volk andauernd
freundschaftlich und brüderlich gewesen. Die Bande, welche uns mit ihm
verknüpfen, sind seitdem noch enger geknüpft und geheiligt worden durch
das Blut, das seine heldenmütigen Kinder schon vergossen haben, indem sie
auf den Alpen den Boden Italiens wie ihr eigenes Vaterland verteidigten.
Aus denselben Gründen ist Italien den gleichen Richtlinien in seiner Politik
gefolgt hinsichtlich der Bewegung, welche das Volk der Südslawen dazu
treibt, für seine Unabhängigkeit zu kämpfen. Diese Politik entspricht voll-
ständig derjenigen der alliierten Regierungen. O. erklärt weiter, auch ohne