342 Schweiz. (Dez. 16.—23.)
setze und alle Ausländer, deren Verhalten für die Sicherheit des Landes
eine Gefahr bildet, unverzüglich ausweise.
16. Dez. (Bundesrat.) Beschränkung der ao. Vollmachten.
Der Bundesrat unterbreitet der Bundesversammlung einen Be-
schlußentwurf, wonach die außerordentlichen Vollmachten v. 3. Aug. 1914
erheblich reduziert werden. Die außerordentlichen Vollmachten bestehen
weiter in den Fragen des Grenzschutzes, der Aufrechterhaltung der Ord-
nung und der Ruhe im Innern, der wirtschaftlichen Angelegenheiten, vor-
nehmlich der Lebensmittelversorgung und der Kreditwahrung. Wichtige Maß-
nahmen sind vor Erlaß, wenn möglich, den Neutralitätskommissionen der
eidgenössischen Räte zur Begutachtung vorzulegen.
18. Dez. (Nationalrat.) Das Gesetz über die Verhältniswahl
zum Nationalrat wird mit 59 gegen 9 Stimmen angenommen.
Jeder Kanton bildet einen Wahlkreis. In Wahlkreisen mit nur einem
Vertreter entscheidet die absolute Mehrheit. «
A. Dez. (Bern.) Parteitag der Schweizer Sozialisten.
Von besonderer Bedeutung ist die Stellungnahme der Partei
zum Arbeiterkongreß (s. u.). Referent Nobs (Zürich) spricht sich grund-
sätzlich für eine Zusammenarbeit aus. Dem Arbeiterkongreß stehe die Ent-
scheidung darüber zu, ob das Aktionskomitee mit seiner Parole für den Ge-
neralstreik und der Abbrechung des Streiks recht getan habe und ob die
heutige Form des Arbeiterkongresses beizubehalten sei oder nicht. Schließlich
wird folgende von Greulich (Zürich) vorgelegte Entschließung angenommen:
„Der schweiz. soz. Parteitag erklärt angesichts der außerordentlichen Schwierig-
keiten der gegenwärtigen Lage, daß es notwendig ist, allgemeine Aktionen
gemeinsam mit den Gewerkschaftsorganisationen vorzubereiten und auszulösen.
Er hält jedoch fest an der parlamentarischen Taktik, die nicht die Aktion des
Generalstreiks ausschließt.“
Mit 106 Stimmen wird Bern zum Vorort gewählt (bish. Zürich) gegen
78 Stimmen, die auf Basel fallen. Nach erregter Debatte über die Nomination
Grimms und Gustav Müllers wird mit 100 Stimmen Gustav Müller
(Mehrheitssoz.) zum Parteipräsidenten gewählt. Sämtliche sonstigen Anträge
werden dem Arbeiterkongreß zur Behandlung überwiesen.
22.—23. Dez. (Bern.) Tagung des 2. Allgem. Schweiz. Arbeiter-
kongresses. ·
Der wichtigste Punkt der Tagesordnung betrifft den Aufbau und die
künftige Aktion der Arbeiterschaft durch Festsetzung des allgemeinen Arbeiter-
kongresses als bleibende oberste Instanz der schweiz. Arbeiterschaft. Der Kon-
greß soll sich aus Delegierten des schweiz. Gewerkschaftsbundes und der
schweiz. soz. Partei zusammensetzen und jeweils von Fall zu Fall einberufen
werden. Eine eingehende Aussprache findet über den Generalstreik vom
Nov. (s. S. 338) statt. Im Mittelpunkt steht die Frage, ob der Generalstreik
grundsätzlich als Kampfmittel zur Eroberung der politischen Macht anzuerkennen
sei. Ein Teil der Arbeiterschaft wirft dem Oltener Aktionskomitee vor, den
Landesstreik zu früh abgebrochen zu haben. Im allgemeinen zeigt der Kon-
greß eine Abkehr von der extrem-radikalen Richtung. Schließlich wird mit
212 gegen 124 Stimmen ein Antrag auf Ersetzung des Oltener Aktions-
komitees durch ein neutrales Tagesbureau abgelehnt.
Am 23. nimmt der Kongreß mit 262 gegen 68 Stimmen das Pro-
gramm des Aktionskomitees an, das zwar den Massenstreik als eine für die
Arbeiterschaft unerläßliche Sache im Kampfe um die Menschheitsinteressen