Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierunddreißigster Jahrgang. 1918. Zweiter Teil. (59b)

Felsien. (März 7.—23.) 345 
und Senatoren, Kommunalbehörden und Richterkollegien gegen die wider- 
rechtlichen Ansprüche des sog. Rates von Flandern, den der Eroberer ein- 
setzt und beschützt, Kenntnis nimmt, beglückwünscht sie die rechtmäßigen 
Erwählten des belgischen Volkes, daß sie gegenüber der Einmischung des 
Feindes mit Stolz die unverjährbaren Rechte der nationalen Souveränität 
in Anspruch genommen haben; sie begrüßt die mutige Haltung des Richter- 
standes, der ohne zu zögern die Anwendung der Gesetze gegen die schlechten 
Bürger forderte, die sich schuldig gemacht haben, im Einvernehmen mit dem 
Feinde den verbrecherischen Plan einer Zerstückelung des Landes verfolgt 
zu haben; sie bringt dem Heldenmute des belg. Volkes, das nach dreieinhalb 
Jahren der Prüfungen und Leiden dem Könige, der Verfassung und dem 
Vaterlande unveränderlich die Treue hält eine feierliche Huldigung dar; 
sie bestätigt den unerschütterlichen Willen der Nation, ihre Einheit aufrecht 
zu erhalten und den Kampf für die Befreiung des Landes und die voll- 
ständige Wiederherstellung eines unabhängigen Belgiens ohne zu wanken 
und bis zum Ende fortzusetzen. 
7. März. Der Generalgouverneur über die flämische Frage. 
Generalgouverneur Frhr. v. Falkenhausen richtet an die Bevoll- 
mächtigten des Rats von Flandern, die ihm Mitteilung von der Neubildung 
des Rats (s. S. 343 f.) machen, eine Ansprache, worin er mitteilt, daß die 
Reichsleitung nach wie vor auf dem Boden der Erklärung des Reichs- 
kanzlers v. 3. März 1917 (s. Gesch Kal. 1917 Tl. 1 S. 239 f.) steht. Die Mittel, 
durch die Flanderns Selbständigkeit nach Friedensschluß gesichert werden 
soll, jetzt schon zu bestimmen, wäre verfrüht, das müsse den Friedens- 
verhandlungen vorbehalten bleiben. Diese Selbständigkeit grundlegend zu 
beeinflussen, werde vor allen Dingen auch Sache des flämischen Volkes selbst 
sein. Flanderns Volk werde erkennen müssen, daß jetzt oder nie sich ihm 
die Möglichkeit bietet, die Grundlagen für jene Selbständigkeit zu schaffen, 
auf die es einen unverjährbaren Anspruch habe. Die Aufgabe des Rates 
in den nächsten Monaten werde darin zu bestehen haben, das fläm. Volk 
auf diese große Entscheidung vorzubereiten, die ihm der Friedensschluß 
bringen soll. 
Wie der „Nordd. Allg. Ztg.“ am 21. mitgeteilt wird, beträgt die An- 
zahl der Ratsmitglieder 93 (früher 70). Die 93 Mitglieder sind in einem 
Verhältnis von je einem Abg. auf 50000 Einwohner gewählt. Die Provinz 
erden hat 20, Brabant 26, Limburg 6, Ostflandern 23, Westflandern 
18 Vertreter. " 
22. März. Deutsch-belg. Gefangenenabkommen. (S. S. 331.) 
23. März. (Havre.) Belgien und der russ. Sonderfriede. 
Der Minister der Ausw. Angelegenh. überreicht dem russ. Gesandten 
in Ste.-Adresse eine Erklärung, worin die belg. Regierung darauf hin- 
weist, daß Rußland seine Waffenhilfe zur Verteidigung der verletzten belg. 
Neutralität versprochen und seine Zusagen am 14. Febr. 1916 erneuert habe, 
indem es sich verpflichtet habe, nicht die Waffen niederzulegen, bevor nicht 
die Unabhängigkeit Belgiens wiederhergestellt und es reichlich für den er- 
littenen Schaden entschädigt sei, sowie darüber hinaus noch versprochen 
habe, den Wiederaufbau des belg. Handels und der Finanzen zu unter- 
stützen. Nun sei der russ. Sonderfriede geschlossen worden. Trotzdem Belgien 
weiter schrecklich und unerbittlich leide, setze es den Kampf ohne Schwäche 
fort. Es betrachte das Wort Rußlands, auf das es vertraut habe, auch 
weiterhin als in Kraft stehend, es könne nicht glauben, daß das russ. Volk, 
das über sein Schicksal entscheiden könne, unwiderruflich die in seinem
	        
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