348 Felzien. (Juli 11.— Aug. 7.)
aber auch nicht ohne Deutschlands Hilfe zustande kommen kann. Diese Selb-
ständigkeit ist nur dann eine sichere und für alle Zukunft unangreifbare
Grundlage unseres Volkstums, wenn sie eine politische Selbständigkeit ist,
welche eigene gesetzgebende Körperschaften, eigene Regierung und eigene
richterliche Gewalt besitzt und uns ermöglicht, unsere politischen, wirtschaft-
lichen und kulturellen Belange so zu gestalten, wie die natürliche Bestim-
mung unseres Landes und Volkes es fordert. In vollem Bewußtsein der
Verantwortung vor unserem Volke glauben wir daher, daß Flanderns Beé-
freiung von jeder verwelschenden Macht auch Deutschlands Befreiung von
feindlicher Bedrohung im Westen bedeutet. Stammesgemeinschaft, Geschichte
und Selbsterhaltung weisen Deutschland und Flandern das gleiche Ziel zu:
Ein freies selbständiges Flandern.
Zu dieser Erklärung veröffentlicht die „Köln. Ztg.“ am 25. Juni eine
Auslassung „von besonderer Seite“, die sich zustimmend zu der Kundgebung
äußert und als Schlußforderung aufstellt: Keine Annexion, keine Zwangs-
verdeutschung Flanderns, nein, ein Flandern, frei und flämisch, in enger
wirtschaftlicher Beziehung zu dem natürlichen Hinterland Deutschland, das
bleibt das erstrebenswerte, dem Wohl aller Beteiligten dienende Ziel.
11. Juli. Die Feier der Goldenen Sporenschlacht wird als
amtlicher Feiertag festlich begangen.
21.—27. Juli. (Ste. Adresse b. Havre.) Tagung belg. Parla-
mentarier.
Diese wiederholt angesagte, aber durch de Broqueville immer wieder
vereitelte Tagung, an der die in Entente- und neutralen Ländern sich auf-
haltenden belg. Parlamentarier teilnehmen, ist seit Aug. 1914 der erste Versuch
der belg. Regierung, sich eine parlamentarische Rückendeckung zu verschaffen.
Die Mitglieder der belg. Regierung nehmen daran teil, jedoch lediglich als
Kammermitglieder. Die Tagesordnung weist Fragen des Wiederaufbaues,
Alkoholmißbrauch, Bodenreform, Heereseinrichtung u. a. auf.
In geheimer Sitzung wird die aktivistische Flamenbewegung be-
handelt. Veröffentlicht wird folgender Protest: „Die Versammlung beschließt,
die nationale Einheit durchaus aufrecht zu erhalten und alle Sprachenfragen
in vollkommener Einheit billig und gerecht und frei von fremder Einmischung
und Einflüssen zu lösen. Die Handlungen schlechter Staatsbürger, die ihre
verbrecherische Hilfe für die vergeblichen Spaltungen durch die Vergewaltiger
hergeben, werden verurteilt. Den patriotischen Persönlichkeiten, die offen
gegen die Verwaltungstrennung in Belgien protestierten, wird die wärmste
Sympathie ausgesprochen.“ Zur Regelung der belg. Sprachenfrage wird von
der Regierung ein Parlamentarierausschuß von 21 Mitgliedern eingesetzt,
von denen 14 erst später aus dem besetzten Gebiet ernannt werden sollen.
Bezüglich der Zukunft Belgiens erklärt Ministerpräsident Coore-
man (am 21.) bei einem von der belg. Regierung den Parlamentariern ge-
gebenen Frühstück: Belgien will keinen anderen Frieden als einen Frieden
der Ehre und des Rechts. Es weist die kühne, kürzlich im Reichstag (s. Tl. 1
S. 240) ausgesprochene Theorie zurück, aus Belgien ein Faustpfand in
den Händen eines Schuldners zu machen, der von Belgien Bürgschaften gegen
seine Angriffe verlangt. Belgien wird sich über die Wiederherstellung der
Beziehungen zwischen den Staaten nur in vollem Einvernehmen mit den
Mächten aussprechen, die mit ihm für die Sache des Rechts kämpfen.
7. Aug. Staatshaushalt 1918.
In den Gesetz= und Verordnungsblättern für Flandern und Wallonien
werden die Budgets für das Jahr 1918 veröffentlicht. Für das fläm. Ver-