Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierunddreißigster Jahrgang. 1918. Zweiter Teil. (59b)

358 Inzenbutg. (März 23. Juni 14.) 
nahme von Parteimitgliedern an der Regierung sprechen sich 22 Stimmen 
dafür, eine dagegen aus, dazu kommen 3 Stimmenthaltungen. Ferner 
spricht sich der Parteitag für den Lausanner Kongreß (s. S. 234 f.) aus, der 
die Internationale wiederherstellen will, schiebt jedoch im Interesse der 
Parteieinheit den Beschluß über die Behandlung, die den deutschen Genossen 
zuteil werden soll, auf. Auf den Einspruch eines Vertreters gegen jede 
annexionistische Politik erwidert Vandervelde, er wäre nicht in die Re- 
gierung eingetreten. wenn sich diese für eine annexionistische und gegen 
Holland feindliche Politik erklärt hätte. 
Weiter wird folgende Tagesordnung angenommen: Hinsichtlich der 
internationalen Politik ist der Kongreß fest entschlossen, jeder Politik ent- 
gegenzutreten, die sich zum Ziel setzen würde, imperialistische Bestrebungen 
zu begünstigen und die Völker ihres Selbstbestimmungsrechts zu berauben. 
Es wird also Sache der Bevölkerung des Großherzogtums Luxemburg sein, 
sich selbst darüber auszusprechen, ob sie sich einem andern Staate anschließen 
will und welchem. Es wird Sache der wallonischen Ortschaften Rhein- 
preußens sein, zu erklären, ob sie sich zur deutschen Republik bekennen oder 
sich mit den andern wallonischen Bevölkerungen des befreiten Belgiens ver- 
einigen wollen. Hinsichtlich der durch die Revision des Vertrags von 1839 
aufgeworsenen Fragen beabsichtigt der Kongreß, sich jeder aggressiven Politik 
gegenüber Holland zu widersetzen. Er ist aber ebenso, und zwar sehr ent- 
schieden, der Ansicht, daß Belgien zu jeder Zeit und bei jeder Gelegenheit 
die freie Schiffahrt auf der Schelde und Maas, den zwei großen inter- 
nationalen Flüssen, gewährleistet werden muß. Diese Freiheit muß, gemäß 
unsern internationalen Entschließungen, auf alle großen Schiffahrtswege der 
Welt ausgedehnt werden. 
  
XI. 
Luxemburg. 
23. März. Rücktrittsgesuch des Ministeriums Kauffmann. 
Das Ministerium Kauffmann reicht wegen Meinungsverschiedenheiten 
mit der Kammermajorität und dem Staatsrate in der Frage der Ver- 
fassungsrevision seine Entlassung ein. Die Regierung will lediglich das all- 
emeine Stimmrecht einführen. Eine knappe lib.-soz. Kammermajorität 
pordert dazu auch die Revision der Verfassungsbestimmungen über die 
Souveränität. Der Staatsrat ist gegen beides. Das Ministerium bleibt 
jedoch vorläufig im Amte. 
14. Juni. Botschaft der Großherzogin betr. Verfassungsrevision, 
Auflösung der Kammer. 
Nachdem die Kammermehrheit am 13. die Revision von vier Ver- 
sassungsartikeln beschlossen hat, veröffentlicht das. „Amtsblatt“ eine Bot- 
schaft der Großherzogin, in der diese sich mit der Einführung des 
allgemeinen Stimmrechts und der Erhöhung der Abgeordnetendiäten ein- 
verstanden erklärt. Die Großherzogin ist auch mit der Revision der beiden 
anderen Artikel betr. die Souveränität des Volkes und die Staatsverträge 
einverstanden mit dem ausdrücklichen Vorbehalt 1. daß die Staatsverträge, 
auf denen die Existenz des Luxemburger Landes beruht, respektiert werden 
müssen, 2. daß das monarchische Prinziv und die Rechte der Dynastie nicht
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.