Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierunddreißigster Jahrgang. 1918. Zweiter Teil. (59b)

362 Liederlande. (März 18.—20.) 
ebietes verlangt hat. Der holl. Regierung wurde für ihre Antwort eine 
Fris von acht Tagen eingeräumt. Falls dieser Forderung der alliierten 
Regierungen nicht nachgekommen werden sollte, würden die holl. Schiffe in 
den Häfen der Ver. St. requiriert und die auf See befindlichen holl. Schiffe 
beschlagnahmt werden. Außerdem würde an Holland in diesem Falle von 
den alliierten Regierungen kein Brotgetreide geliefert werden. (Aus späteren 
Berichten (s. S. 364) ergibt sich, daß es sich nur um den außerhalb der 
holländ. Häfen befindlichen Schiffsraum handelte.) 
„Reuter“ veröffentlicht zu diesem Beschlusse der Alliierten eine Mit- 
teilung, worin es heißt, daß die Maßnahme nicht eine neue Form des 
Seeräubertums bedeute, noch auch, daß die stärkste Nation diese Fahrzeuge 
der schwächsten Nation ohne Entschädigung einfach wegnehme; die frag- 
lichen Schiffe sollen vielmehr gegen gute Bezahlung der Fracht in Anspruch 
genommen, sie sollen versichert, bewaffnet und geleitet werden, alles nur 
für die Dauer des Krieges. Nach Friedensschluß würden sie ihren Reedern 
zurückgegeben werden. Sollten sie im Verlaufe der Feindseligkeiten im 
Dienste der Alliierten und innerhalb der Kriegszone versenkt worden sein, 
so würden die Alliierten alles aufbieten, um durch vollständig gleichwertige 
Schiffe so rasch als möglich Ersatz zu schaffen. Das sei im Vergleiche zu 
den Methoden der Deutschen, welche holl. Schiffe am Auslaufen verhindern 
oder sie versenken, ein gerechtes, ja edelmütiges Angebot. Die engl. Regierung 
sei mit ihren Verbündeten der Meinung, daß heute nicht mehr Zeit sei zu 
langwierigen Verhandlungen; jede andere Haltung wäre ein Nachgeben gegen- 
über dem Vorgehen Deutschlands und den hieraus erwachsenden Folgen. 
Diese Ententeforderung versetzt die niederl. Regierung in eine äußerst 
schwierige Lage. Am 15. meldet die „Niederl. Tel.-Ag.“, daß niederl. Schiffe 
nicht nach England fahren dürfen. 
18.—20. März. (Zweite Kammer.) Sommerzeit, Entente- 
forderung betr. Schiffsbeschlagnahme. 
Die Kammer stimmt der Vorlage über die diesjährige Sommerzeit 
(1. April bis 1. Okt.) zu und nimmt mit 32 gegen 23 Stimmen einen 
Zusatzantrag an, der die Sommerzeit zur ständigen Einrichtung macht. Ein 
kgl. Erlaß soll in jedem Jahre den Beginn und Schluß der Sommerzeit 
genau feststellen. . . 
· In der gleichen Sitzung gibt der Minister des Aeußern Loudon bezüg- 
lich des Konfliktes mit der Entente folgende Erklärung ab: Aus der 
von mir am 11. März bekanntgegebenen Note ist der Kammer bekannt, daß 
die Alliierten das Ersuchen Hollands um Ueberweisung von 100000 To. 
Getreide auf die 400000 To., die Holland versprochen waren, zustimmend 
beantwortet haben unter der Bedingung, daß dafür der eine Teil unseres 
Schiffsraumes, der bei der endgültigen Regelung den Alliierten zur Ver- 
fügung gestellt werden soll, schon jetzt überwiesen werden solle. Da die 
Alliierten am 18. d. M. in London zu einer Konferenz zusammenkommen, 
haben sie mich ersucht, meine Antwort für diesen Tag bereit zu halten. 
Die Regierung war im Interesse der Volksernährung bereit, auf die Be- 
dingung einzugehen, als die Alliierten plötzlich mif der Forderung hervor- 
traten, daß die holl. Tonnage in der gesährdeten Zone fahren solle. Das 
Fahren außerhalb der Zone war von uns als grundsätzliche Forderung 
Hollands aufgestellt worden. Auf die Gründe, die zu der jetzigen engl. 
Stellungnahme geführt haben können, will ich nicht eingehen. Ihre Recht- 
mäßigkeit kann die holl. Regierung keinesfalls anerkennen. Auch kann sich 
die holl. Regierung keinesfalls der jetzt in Holland vereinzelt herrschenden 
Auffassung anschließen, daß ein Kriegführender infolge von Schiffsraumnot
	        
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