372 Riederlande. (Sept. 14. 17.)
tritt. Zum Marineminister wird am 16. Vizeadmiral Naudin ten Cate
ernannt.
Das neue Ministerium ist ein rein parlamentarisches. Es besteht aus
drei Katholiken: Ruys de Beerenbrouck, Aalberse und Alting van Geusau;
drei Antirevolutionären: Heemskerk, Idenburg und de Vries; einem Christl.=
Histor.: de Visser und drei Mitgliedern, deren politische Färbung nicht
deutlich erkennbar ist, die man aber als kons. ansprechen dürfte: van Karne-
beek, van APselstein und König.
Der neue Ministerpräsident Jonkheer Dr. Ruys de Beerenbrouck
war bisher kgl. Kommissar (Gouverneur) in der Provinz Limburg. Er ist
44 Jahre alt und seit 1905 Abg. für Gulpen. Der neue Minister des Aeußern
Jonkheer Dr. jur. et rer. pol. H. A. van Karnebeek, geb. 1874 als Sohn des
früheren Ministerpräsidenten dieses Namens, ist bei Gelegenheit der Haager
Friedenskonferenzen besonders hervorgetreten.
Die (zumeist linksgerichteten) Blätter nehmen das neue Ministerium
mit wohlwollender Zurückhaltung auf.
14. Sept. (Generalstaaten.) Schließung der Sitzungsperiode.
17. Sept. (Generalstaaten.) Eröffnung, Thronrede, Staats-
haushalt 1919.
Die Königin eröffnet die neue Sitzungsperiode der Generalstaaten
mit einer Thronrede, in der sie zunächst der Freude darüber Ausdruck
gibt, daß dem Lande der Frieden erhalten worden ist, und den festen Willen
betont, die Unabhängigkeit des Landes aufrechtzuerhalten. Die Verpflichtungen,
die auf einem neutralen Staat ruhen, werde sie mit unverminderter Ge-
nauigkeit und fester Entschlossenheit hüten. Die bewährte Einigkeit der
Nation unterstütze sie in der unerschütterlichen Ansicht, die Unabhängigkeit
Hollands gegen jede Verletzung bis aufs äußerste zu verteidigen. Trotzdem
werde versucht werden, die Bürde der Mobilisation ohne Verminderung der
Wehrfähigkeit zu erleichtern. Sodann fährt die Thronrede fort: Die Be-
hebung des in den Zeitverhältnissen begründeten Mangels an den not-
wendigen Lebensmitteln bleibt Gegenstand meiner dauernden Sorge. Ich
bin darauf bedacht, die dahingehenden Maßregeln so wenig drückend wie
möglich zu machen und nach Sicherheit der Rechte der Bevölkerung zu
streben. Bereits jetzt wird den Maßregeln, die nach dem Kriege sowohl
hier wie in den Kolonien getroffen werden müssen, um dem so sehr gestörten
Handel und der Industrie die notwendige Erleichterung und Hilfe zu ge-
währen, volle Aufmerksamkeit geschenkt. Der Zustand der Staatskasse wird
stets besorgniserweckender und fordert dringend möglichste Beschränkung der
Ausgaben. Daneben werden eingreifende Maßregeln zur Erhöhung der
Mittel nicht ausbleiben können. Die Einrichtung eines Departements für
Kunst und Wissenschaft und eines anderen für Arbeitsangelegenheiten liegt
in meiner Absicht. Die Ausführung des geänderten Art. 192 der Ver-
fassung (Gleichstellung der Christl. Privatschulen mit den staatlichen Simultan-
schulen) wird im Geiste der gegenseitigen Vereinbarung und der Annäherung,
der die Revision gekennzeichnet hat, mit Beschleunigung und Energie ver-
wirklicht werden. Ohne daß diese Ausführung verzögert wird, werden um
der Billigkeit willen sofort die notwendigen Vorschläge eingebracht werden,
um die stets zunehmende Ungleichheit in der Besoldung der Lehrer an den
öffentlichen und privaten Schulen zu beseitigen. Die im Jahre 1913 ge-
schaffenen Versicherungsgesetze werden ohne Verzögerung in Kraft treten.
Vorschläge zur Ergänzung dieser Gesetze werden Ihnen später gemacht
werden. Der Ausbau der sozialen Gesetzgebung wird fortgeführt. Die Re-
gelung des kollektiven Arbeitsvertrages wird sowohl nach seiner öffentlich-