412 Rußlaud. (Jan. 21. 25.)
koschkin werden nachts im Marinespital von Rotgardisten durch Revolver-
schüsse getötet.
21.—31. Jan. (Petersburg.) III. allruff. Kongreß der Sowjets.
Ein derartiger Kongreß findet alle drei Monate statt. Er hat die
Aufgabe, einen neuen Hauptvollzugsausschuß zu wählen oder den alten zu
bestätigen und auch die Volkskommissare zu bestätigen oder durch andere
zu ersetzen. Diese Kongresse verkörpern die höchste politische Macht des
Landes. Jeder Sowjet an Ort und Stelle wählt in einer Vollsitzung den
zu entsendenden Vertreter und gibt ihm Weisungen für seine Haltung.
Zu dem Kongreß sind 1587 Abg. erschienen. In den Hauptovoll-
zugsausschuß der Sowjets werden gewählt: 165 Maxim., darunter Lenin,
Trotzki, Swerdlow, Sinowjew, Uritzki, Lunatschartski, Steklow, Raskolnikow,
Wolodarski, 125 Soz.-Rev. der Linken, darunter Frau Spiridonowa, Frau
Bizenko, Kamkow, 3 Soz.-Internat., darunter Awilow, 3 Anarch.-Kommun.,
7 soz.-rev. Maxim., 7 Soz.-Rev. der Rechten, darunter Tschernow und
7 Minim., darunter Martow, Suchanow, Abramovwitsch, ferner 20 Delegierte
der Armee, 20 der Flotte und 20 von Berufsorganisationen, deren über-
wiegender Teil aus Max. besteht. — Zum Vorsitzenden des Hauptausschusses
wird Swerdlow, zu Mitgliedern des Vorstandes Muranow, Frau Spirido-
nowa, Kamkow, Sinowjew u. a. gewählt. Die Leitung der internationalen
Abteilung wird Petrow übertragen.
Auf dem Kongreß hält Trotzki eine Rede über die Lage, worin er be-
züglich der Friedensverhandlungen ausfführt (nach „Nasch Wjaek“ vom
29. Jan.): Die deutsche Antwort hat die frühere Anerkennung der russ.
Formel zurückgenommen. Die Deutschen wollen neun Zehntel des besetzten
Gebietes behalten. Die Friedensverhandlungen werden nicht künstlich ver-
schleppt, sondern natürlich verlängert, um Klarheit in die Sache zu bringen.
Der tagende III. Kongreß ist der Gegenbeweis gegen die Verleumdung, die
russ. Delegation in Brest spiele Komödie. Nach Brest war sie gezwungen
zurückzukehren, weil ein deutsch-österreichisches Ultimatum vorlag. Deutsch-
lands Aufgabe war, Rußland den Frieden in der günstigsten Form dar-
zubieten. Ich verstehe, daß Bedingungen möglich sind, unter denen man
gezwungen ist, einen Vergewaltigungsfrieden zu unterschreiben. Ein solcher
Frieden ist ein Unglück, aber kein Verbrechen, wenn er unterschrieben wird,
nachdem alle Mittel erschöpft sind. Die Sowjetregierung wird vielleicht
gezwungen sein, einen für Rußland verhängnisvollen Frieden zu schließen,
aber ihr Volk betrügen wird sie nicht. Die von Deutschland verlangte neue
Grenze hält T. einem Untergang Rußlands gleich, weil sie Deutschland die
Herrschaft über das Baltische Meer gäbe und ein Ausfallgebiet für weitere
Angriffe auf Rußland schaffe. Für die Fortsetzung der Verhandlungen in
Brest verlangt T. schließlich die Vollmachten zu einer beweglichen Taktik.
Wie auch das Ergebnis der nächsten Tage sein werde, es werde nicht das
letzte sein. Mögen andere sich auf die Verbündeten stützen, er hoffe auf den
erwachenden Willen zum Frieden und zur Revolution der Arbeitermassen
der ganzen Welt.
Der Kongreß beschäftigt sich mit einer Reihe von Fragen, die infolge
der Auflösung der Verf. Vers. unentschieden geblieben sind. U. a. billigt er
die Auflösung der Verf. Vers. und genehmigt die Erklärung der Rechte
des werktätigen und ausgebeuteten Volkes, die den ersten Ab-
schnitt der vom V. allruss. Sowjetkongreß im Juli (s. S. 438 ff.) angenommenen
Verfassung der Sowjetrepublik bildet.
25. Jan. Die „Petersb. Tel.-Ag.“ veröffentlicht einen Erlaß
über die Demokratisierung der Flotte.