Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierunddreißigster Jahrgang. 1918. Zweiter Teil. (59b)

Kußland. (Juni 12.—17.) 435 
Trotzki hält eine lange Rede, in der er die Notwendigkeit der Schaffung 
einer „revolutionären Armee“ betont und die dabei zu beobachtenden Grund- 
sätze darlegt. . 
12. Juni. Ausschluß der Soz.-Rev. und Minimalisten. 
Der Hauptvollzugsausschuß der Sowjets faßt folgende Resolution: Da 
der Rat der Sowjets auf allen Fronten vom internationalen Imperialismus 
und seinen Helfershelfern angegriffen wird, ordnet er die Ausweisung der 
Vertreter der Soz-Rev. der Rechten und des Zentrums sowie der Minimalisten 
aus dem Rat an. Er verlangt ferner, daß man sie auch aus den lokalen 
Sowjets ausweisen soll, und stellt fest, daß sie mit Hilfe von Kaledin und 
Kornilow im Dongebiete, mit Dutow im Ural. mit Semenow und Chorbat 
in Sibirien und schließlich vor kurzem mit den Tschecho-Slowaken und den 
Schwarzen Banden Aufstände organisiert haben. 
13. Juni. Unterzeichnung des russ.-ukr. Waffenstillstandsvertrages 
in Kiew. (S. Ukr.) 
Die Friedensverhandlungen werden sofort aufgenommen. (Näh. 
s. Ukr., 13. Juni und 15. Aug.) 
14. Juni. Proteste an Deutschland. 
Die „Nordd. Allg. Ztg."“ (Nr. 300) teilt den Inhalt zweier Protestnoten 
mit, die der Berliner Vertreter der Sowjetrepublik Joffe der deutschen 
Regierung kürzlich überreicht hat. In der ersten wird über Ueberfälle auf 
russ Truppen und über die Tätigkeit der deutschen U.-Boote im Weißen 
Meer und im Eismeer, in der zweiten über die Verhaftung russ. Soz. in 
der Ukraine Klage geführt. Die „N. A. Z.“" weist demgegenüber darauf hin, 
daß das in der letzten Zeit überhandnehmende Bandenunwesen an der russ. 
deutschen Grenze ein Einschreiten deutscher Truppen notwendig machte, sowie 
daß im Brester Friedensvertrage das Weiße Meer und das Eismeer aus- 
drücklich als Sperrgebiet beibehalten wurden. Bezüglich der Verhaftungen 
in der Ukraine sei allein die ukr. Regierung zuständig. 
15. Juni. Großfürst Michael Alexandrowitsch (s. Gesch Kal. 1917 
Tl. 2 S. 663) entflieht aus seinem Internierungsort Perm. 
Nach russ. Blättermeldungen begibt er sich nach Omsk und erläßt von 
dort ein Manifest, worin er erklärt, er sehe es als seine Pflicht an, die 
Ordnung in Rußland wiederherzustellen;: über die Regierungsform solle 
die einzuberufende Nationalversammlung entscheiden. 
15. Juni. Protest an die Entente. 
Die russ. Presse veröffentlicht eine Note Tschitscherins an den engl., 
amerik. und franz Vertreter, worin gegen das Verweilen von Kriegsschiffen 
der Verbandsmächte in russ. Häfen Einspruch erhoben wird. 
Die Ententevertreter antworten auf die Note (am 22.), daß sie ihre 
Schiffe aus den russ. Häfen nicht entfernen können, da sie zum Schutz der 
Ententetruppen, die vor dem Brester Frieden gelandet wurden, sowie des 
dort untergebrachten Materials bleiben müßten. 
17. Juni. (Kurland.) Besiedelungsfrage. 
GFM. v. Hindenburg erläßt eine Verfügung über die Bodenfrage 
in den Gebieten der östl. Militärverwaltungen, die in großzügiger Weise 
die Neubesiedelung dieser Gebiete anbahnt. Gleichzeitig ergeht eine Ver- 
ordnung des Generalquartiermeisters von Oberost Hahndorff betr. die 
Landabgabe und Besiedelung in Kurland. Darin wird bekanntgegeben, daß 
jeder kurländische Rittergutsbesitzer, dessen Gesamtgrundbesitz die Größe von 
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