436 Rußland. (Juni 20.—23.)
1000 Lofstellen (gleich 360 ha) erreicht, verpflichtet ist, an die Landgesellschaft
„Kurland“ als Trägerin des Ansiedelungsunternehmens ein Drittel seines
Gesamtareals und zwar für Zwecke der Besiedelung geeignetes Land im
Wege des Kaufvertrages zu überlassen. Die Verordnung gilt auch für die
im Herzogtum Kurland gelegenen Fideikommisse.
Die Verordnung stützt sich auf einen diesbezüglichen Beschluß der kur-
ländischen Ritter- und Landschaft v. 5. Dez. 1917. (Den Wortlaut der Ver-
fügungen s. in der „Nordd. Allg. Ztg.“ 1918 Nr. 333.)
20. Juni. (Litauen.) Erklärung des lit. Nationalrates.
Das „WeTB.“" meldet aus Bern: Nachdem der litauische National-
rat (s. S. 406) von der Erklärung der alliierten Regierungen v. 3. Juni
in Versailles (s. S. 261) Kenntnis genommen hat, und indem er die Ge-
rechtigkeit der Wiederherstellung Polens mit den wirklich ethnographischen
Grenzen anerkennt, stellt er fest: 1. daß die Regierungen der Entente trotz
ihrer zahlreichen Erklärungen, für das Recht der Völker zu kämpfen, den
gerechten Forderungen des lit. Volkes, das nach vollständiger Unabhängig-
keit seuszt, keine Rechnung trägt; 2. daß die Regierungen der Entente, in-
dem sie sich zum Wiederaufbau Polens mit einem Zugang zum Meer ver-
pflichten, die Lebensinteressen des lit. Volkes schwer schädigen, indem sie
seine heiligsten Gefühle, die nationalen Gefühle, verletzen; 3. daß ein der-
artiges Polen, das zahlreiche nichtpolnische Elemente enthalten würde, weit
davon entfernt, der Träger eines dauerhaften Friedens in Europa zu sein,
ein Herd für die Anarchie und den Keim für einen zukünftigen Krieg bilden
würde; 4. daß diese Erklärung nach allen von den Litauern in den Reihen
des russ. Heeres für die Sache der Entente gebrachten Opfern ebenso un-
angebracht wie ungerecht ist, und daß sie es zur Stunde, wo einige 10000
Litauer an der Westfront unter amerik. Fahne kämpfen, noch viel mehr ist.
21. Juni. Gegen einen neuen Krieg mit Deutschland.
Die offiziösen „Iswestija“ wenden sich in einem Artikel gegen die Be-
strebungen, Rußland ohne Rücksicht auf seinen Mangel an Vorbereitung und
auf Abneigung seiner Bevölkerung in einen neuen Krieg zu treiben. Sie
schreibt u. a.: Die zu diesem Abenteuer hetzen, mögen sich bewußt sein, daß
sie bei der Verwirklichung ihrer Pläne auf den verzweifelten Widerstand
des revolutionären Rußland stoßen werden. Die Regierung bleibt unerschütter-
lich in ihrem Vertrauen. Es werden sich nicht nur Millionen von Arbeitern
und Bauern in revolutionäre Legionen verwandeln, um im äußersten Notfall
die Sowjetmacht zu verteidigen, sondern auch überall werden die Massen
nicht dulden, daß Rußland in einen neuen Krieg mit Deutschland gehetzt
wird. Die Alliierten wissen wohl, daß sie selbst, wenn sie sich die Mitarbeit
gewisser treuloser Elemente bei ihrem gegen die Sowjets gerichteten Aben-
teuer zu sichern wüßten, dies nur den Sturm des Bürgerkrieges in ganz
Rußland zur Folge hätte. Die einzige gerechte und für beide Teile vor-
teilhafte Politik ist die, welche die Alliierten dazu führen wird, die Sowjet-
regierung anzuerkennen, dem revolutionären Rußland zu helfen und es beie
der Wiederherstellung seines wirtschaftlichen Apparates zu unterstützen. Jede
andere Politik wäre nicht nur ein Verbrechen, sondern ein Fehler. Die unglück-
lichen Völker zahlen oft einen zu hohen Preis für die Fehler ihrer Regierungen.
23. Juni. (Georgien.) Wechsel im Ministerpräsidium.
Ministerpräsident Ramischwili (s. S. 430) tritt zurück und der Vor-
sitzende des Landtags Noe Dschordania übernimmt den Vorsitz des Ka-
binetts. Dieser Personenwechsel bedeutet keine Aenderung im Charakter der
Co gle OI GOE LIMMESGI.