460 Rußland. (Aug. 10.—21.)
ehrliche Bestreben betätigte, mit Deutschland und seinen Verbündeten auf
der Basis des Brester Friedens auszukommen. Demgegenüber setzte die
sogenannte linkssoz.-rev. Bewegung ein, die den unbedingten Terror auf ihre
Fahne geschrieben hatte. Diese Bewegung fand ihren starken Rückhalt durch
die Entente einschließlich Japans. Die Unzufriedenheit mit den Bolschewiken
steigerte sich schnell und ließ den Strom der linkssoz.--rev. Bewegung rasch
anschwellen. Die erste Folge war die Ermordung des Grafen Mirbach, die
zweite das Attentat auf den Generalobersten von Eichhorn. Graf Mirbach
war vor der Ermordung gewarnt worden, seinem Nachfolger ging es in
Moskau ähnlich. Die Lage war in wenigen Tagen ganz außerordentlich
bedrohlich geworden. Die Presse der Soz.-Rev. feierte Orgien. Die Unsicherheit
wurde so groß, daß die Mitglieder der deutschen Gesandtschaft ihr Hotel nicht
mehr verlassen konnten. Unter diesen Umständen war der Entischluß, die
deutsche Gesandtschaft in Sicherheit zu bringen, durchaus geboten, schon aus
der politischen Notwendigkeit, die bisherigen guten Beziehungen zwischen
Deutschland und der Sowjetrepublik nicht einer erneuten schweren Belastungs-
probe auszusetzen. Die neue Station der Gesandtschaft Pskow ist lediglich
als eine Art Beobachtungsposten gedacht. Von der Entwicklung der Dinge
in Rußland und den bevorstehenden Besprechungen im Großen Hauptquartier
wird es abhängen, ob und von welcher Dauer die Belassung unserer Ge-
sandtschaft in Pskow sein wird. Auch der Umstand wird dabei mit entscheidend
sein, wie die Sowjetregierung praktisch den Geschäftsverkehr mit dem neuen
Sitz der Gesandtschaft gestalten wird. — Die Mitglieder der deutschen
Gesandtschaft treffen am 23. Aug. in Pskow ein.
10. Aug. Die deutsch-russ. Zusatzanträge werden in Berlin
paraphiert. (S. Tl. 1 S. 250.)
11. Aug. (Aserbeidschan.) Vertrag mit der Türkei. (Näh. s. Türkei.)
14. Aug. Durchführung des Massenterrors.
Die „Petersb. Tel.-Ag.“ meldet: Die Verhandlungen der außerordent-
lichen Gouvernementskommissionen zum Kampfe gegen die Gegenrevolution
sind beendet worden. Es wurde beschlossen, bei den Gouvernementskommis-
sionen Abteilungen zur besonderen Kontrolle ber Eisenbahnen einzurichten.
In einer Geheimsitzung wurde eine Reihe wichtiger Entschließungen zur
Durchführung des Massenterrors gegen die Gegenrevolutionäre angenommen.
16. Aug. (Samara.) Bildung einer „allruss. Regierung“.
Das „WTB." meldet aus Kiew: Aus Samara wird berichtet, daß
sich dortselbst ein Komitee der Mitglieder der Konstituierenden National-
versammlung gebildet habe, das sich als eine „allruss. Regierung“ ansieht.
Die Mehrheit besteht aus Soz.-Rev. Die Militärgewalt liegt in den Händen
der Tschecho-Slowaken, denen in militärischer Hinsicht auch das Komitee
unterworfen ist. Dem Komitee ist ein Vertreter der Entente zugeteilt. Am
27. wird weiter gemeldet: In Samara erfolgte die Eröffnung des Kongresses
von Mitgliedern der Konstituierenden Nationalversammlung, auf dem 300 Mit-
glieder anwesend waren. Nach einem Bericht der „Petersb. Tel.-Ag.“ v.
28. beabsichtigt der Kongreß eine allruss. prov. Regierung zu wählen, in
der alle Parteien von den Kadetten bis zu den Soz.-Rev. vertreten sein
sollen, und die russ. föderative demokr. Republik zu proklamieren. — Nach
dem Vormarsch der Rottruppen wird der Sitz der Regierung nach Ufa
(. S. 466) verlegt.
21. Aug. Bedingungen für die Freilassung der Ententevertreter.
Die „Petersb. Tel.-Ag.“ teilt mit: Der Kommissar für Ausw. An-